Bislang sind Abtreibungen in Irland nur erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Das dürfte sich bis Jahresende ändern, sagt eine Ministerin.

Dublin - Nach der Volksabstimmung über Abtreibungen in Irland hat sich eine Legalisierung abgezeichnet. Ministerpräsident Leo Varadkar sagte am Samstag vor Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses, die Wähler hätten offenbar entschieden, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren. Mehr als zwei Drittel hätten wohl dafür gestimmt.

 

Bislang sind Abtreibungen in Irland nur erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Mehr als 3,1 Millionen Iren durften am Freitag darüber abstimmen, ob das Verbot gelockert werden soll.

„Das Volk hat gesprochen“, sagte Varadkar. „Das Volk hat gesagt, dass wir eine moderne Verfassung für ein modernes Land wollen, dass wir Frauen trauen und wir sie respektieren, dass sie bei ihrer Gesundheit die richtige Entscheidung und die richtige Wahl treffen.“ Der deutliche Vorsprung der Legalisierungsbefürworter werde seiner Regierung ein stärkeres Mandat geben, ein neues Abtreibungsgesetz durchs Parlament zu bringen.

Zustimmung auch in konservativen Regionen

Kinder- und Jugendministerin Katherine Zappone sagte, sie sei sicher, dass das Parlament bis Ende des Jahres ein neues Abtreibungsgesetz verabschieden werde. Die Regierung hat vorgeschlagen, dass Abtreibungen während der ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft erlaubt werden. Schwangerschaftsabbrüche zu einem späteren Zeitpunkt sollten in Sonderfällen zugelassen werden.

Ost-Galway war der erste Wahlkreis, der sein Auszählungsergebnis bekannt gab. Obwohl es sich traditionell um eine konservative Region handelt, gewannen die Legalisierungsbefürworter deutlich: 60,2 Prozent sagten Ja zu einer Lockerung, 39,8 Prozent stimmten für die Beibehaltung des strengen Verbots. In urbanen Zentren war der Vorsprung der Lockerungsbefürworter noch deutlicher: In Zentral-Dublin stimmten 76,5 Prozent mit Ja, in zwei Wahlkreisen in der Stadt Cork waren 64 beziehungsweise knapp 69 Prozent dafür.

Einer von der Zeitung „Irish Times“ veranlassten Wahltags-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos-MRBI zufolge sprachen sich 68 Prozent der Wähler für eine Lockerung aus, 32 waren dagegen. Eine weitere Nachwahlbefragung im Auftrag von RTE sah ebenfalls eine Mehrheit von fast 70 Prozent für das Ja-Lager.

Abtreibungsgegner räumen Niederlage ein

Bei dem Referendum ging es um den achten Verfassungszusatz, der seit 1983 das Leben eines ungeborenen Kindes ab Empfängnis mit dem der Mutter gleichstellt. Frauen, die eine illegale Abtreibung vornehmen lassen, können in dem überwiegend katholischen Land bislang mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Tausende Irinnen reisen jedes Jahr nach Großbritannien, um dort abtreiben zu lassen.

Liberalisierungsbefürworter äußerten sich erfreut über ihren wahrscheinlichen Sieg. Eine der führenden Organisationen der Abtreibungsgegner gestand ihre Niederlage ein. Das Ergebnis des Referendums sei eine „Tragödie historischen Ausmaßes“, sagte der Sprecher der Gruppe „Save the 8th“, John McGuirk, im Fernsehen. Für die Regierung werde es leicht, liberale Abtreibungsgesetze durchs Parlament zu bringen. „Es bestehen keine Aussichten, dass das Gesetz nicht beschlossen wird“, sagte er. Der Name seiner Gruppe bezieht sich auf den achten Verfassungszusatz, der Abtreibungen bislang verbietet.