Es gibt mehr Details zu den letzten Stunden des Malaysia Airlines-Flugs - aber was genau an Bord passiert ist, weiß nach wie vor niemand. Die Trauer der chinesischen Angehörigen entlädt sich in Wut auf die Airline und die Ermittler.

Es gibt mehr Details zu den letzten Stunden des Malaysia Airlines-Flugs - aber was genau an Bord passiert ist, weiß nach wie vor niemand. Die Trauer der chinesischen Angehörigen entlädt sich in Wut auf die Airline und die Ermittler.

 

Kuala Lumpur/Peking - Die seit dem 8. März vermisste Malaysia Airlines-Maschine ist nach Überzeugung der Ermittler zwischen siebeneinhalb und achteinhalb Stunden nach dem Start abgestürzt. Diese präzise Angabe ergibt sich aus der neuesten Datenanalyse, über die der malaysische Verkehrsminister Hishammuddin Hussein am Dienstag in Kuala Lumpur informierte. Völlig unklar ist nach wie vor, warum die Maschine radikal vom Kurs abwich und auf den Indischen Ozean hinausflog. Die Suche nach Wrackteilen musste dort wegen schlechten Wetters für Dienstag abgesagt werden. In Peking demonstrierten wütende Angehörige und Freunde der Passagiere vor der malaysischen Botschaft.

Der malaysische Verkehrsminister nannte neue Einzelheiten zu dem komplizierten technischen Verfahren, mit dem die Flugbahn der Boeing in den letzten Stunden nachgezeichnet worden war. Die Analyse stamme von der britischen Satellitenfirma Inmarsat, die die Signale auffing, sowie der britischen Behörde für die Untersuchung von Flugzeugunglücken (AAIB). Ihre Schlussfolgerungen hatten den malaysischen Regierungschef Najib Razak am späten Montagabend veranlasst, erst die Angehörigen und dann die Weltpresse zu informieren, dass es keinerlei Hoffnung auf Überlebende gebe.

"Weit und breit kein Land in Sicht"

Der Chef der malaysischen Zivilluftfahrtbehörde, Azharuddin Abdul Rahma, präzisierte am Dienstag: „Die letzte bekannte Position des Flugzeugs war über dem Indischen Ozean, es kann zu dem Zeitpunkt kaum noch Treibstoff an Bord gewesen sein, es war weit und breit kein Land in der Nähe - wir können daraus schließen, dass die Maschine im Wasser endete.“ Die Region sei sehr abgelegen, die See rau. „Dass dort jemand 17 oder 18 Tage überlebt hat, ist extrem unwahrscheinlich.“ Es wurde bislang kein Wrackteil gefunden. Niemand weiß, ob die Maschine abstürzte oder im Gleitflug auf Wasser traf.

Nach der neuen Analyse endete Flug MH370 am 8. März zwischen 1.11 Uhr MEZ und 2.15 Uhr MEZ. 1.11 Uhr wurde das letzte volle Signal der Maschine aufgefangen, um 02.15 Uhr erhielt die Bodenstation auf eine automatische Log-on-Anfrage hin keine Antwort mehr von der Maschine. Das entspricht einer Gesamtflugzeit von siebeneinhalb bis achteinhalb Stunden. Genau so lange habe auch der Treibstoff an Bord gereicht, sagte der Minister.

Die Ermittlungen zur Ursache des rätselhaften Flugs gingen weiter, wie der malaysische Polizeichef Khalid Abu Bakar sagte: „Ich bin nicht in der Lage, Ergebnisse zu präsentieren, das würde die weiteren Ermittlungen behindern.“. Er ermittelt unter anderem wegen Sabotage und Entführung und checkt, ob Besatzungsmitglieder oder Passagiere psychische Probleme hatten. Regierungschef Najib hatte vor zehn Tagen gesagt, es sehe so aus, als seinen die Kommunikationssysteme an Bord absichtlich ausgeschaltet worden. Ein technisches Problem wie etwa Druckverlust oder Kabelschwelbrand, der die Piloten mit giftigen Gasen außer Gefecht gesetzt haben könnte, werden auch nicht ausgeschlossen.

"Wir wollen die Wahrheit"

Die Angehörigen und Freunde der Passagiere durchbrachen in Peking eine Polizeiabsperrung vor der malaysischen Botschaft. „Wir wollen die Wahrheit“, stand auf einem ihrer Plakate. In einer Erklärung erhoben sie schwere Vorwürfe: „Malaysia Airlines, die malaysische Regierung und das malaysische Militär haben mit Nachdruck und wiederholt versucht, die Wahrheit zu verstecken und zu vertuschen“, heißt es darin. „Die Rettungsaktion wurde in die Irre geführt und verzögert.“ Und: „Wenn unsere 154 Familienmitglieder an Bord deshalb ihr Leben verloren haben, dann sind die malaysische Fluggesellschaft, Regierung und das Militär die wahren Mörder unserer Familienmitglieder.“

Eine Betreuerin der Angehörigen sagte, extreme Reaktionen der trauernden Familien seien nicht ungewöhnlich. „Manche werden sehr traurig und weinen. Andere werden wütend auf die Inkompetenz der Behörden“, sagte Psychiaterin Li Xianyun. In ihrer Verzweiflung könnten sie sogar sich selbst schwere Vorwürfe machen und sich eine Mitschuld an dem Schicksal ihrer Freunde und Verwandten geben.

Die staatlichen chinesischen Medien schürten die Empörung weiter. Nachdem sie tagelang die schlechte Informationspolitik und mangelnde Aufklärung über die Ermittlungen angeprangert hatten, kritisierten sie am Dienstag, die Airline habe wohl voreilige Schlüsse gezogen. Ohne Trümmerteile seien die Schlussfolgerungen „ein bisschen blind“ gezogen worden, hieß es in den Staatsmedien.

Fast Zweidrittel der 239 Insassen der Maschine waren Chinesen. Präsident Xi schickte Vizeaußenminister Zhang Yesui als Sondergesandten nach Malaysia. Er soll sich in die Bemühungen um die Aufklärung des Rätsels um Flug MH370 einschalten.