In Polen protestieren weiter Frauen gegen Abtreibungsverbote. Künftig könnten auch Polinnen belangt werden, die im Ausland abtreiben.

Warschau - Begehre nicht mein Blut, Polen“ – unter diesem Slogan protestieren derzeit erneut Polinnen wie auch Polen in mehreren polnischen Städten gegen neue Restriktionen zur Abtreibung.

 

Denn seit Dienstag wird im Sejm die Gründung eines Instituts für Demografie und Familie verhandelt. Mittels dieser Organisation sollen auch Schwangerschaften staatlich registriert werden, so dass Abtreibungsreisen ins Ausland strafrechtlich verfolgt werden können. Frauenrechtlerinnen sehen so die Gefahr einer neuen Inquisition in Polen heraufziehen.

„Um die Familie zu unterstützen, sollte man erfolgreich die Probleme identifizieren, die Barrieren der Entwicklung für das durchdachte Gründen einer funktionierenden Familie bilden“, argumentierte die Abgeordnete Dominika Chorosinska für das 6,5 Millionen Euro teure Projekt. Sie gehört der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) an, welche seit ihrer ersten Wahl 2015 eine „konservative Revolution“ verantwortet.

Die polnische Bevölkerung schrumpft

Seit Januar dieses Jahres gilt in Polen faktisch ein totales Abtreibungsverbot, auch schwer missgebildete Föten müssen von polnischen Frauen ausgetragen werden. Erlaubt ist der Abort allein nach einer Vergewaltigung und bei einer unmittelbaren Gefahr für das Leben der Schwangeren. Dies sind offenbar jedoch nur drei Prozent der legal umgesetzten Abbrüche in Polen.

„Das Leben der Polinnen und Polen wird mit Stiefeln getreten“ kritisierte Monika Rosa, die Abgeordnete der liberal-konservativen Oppositionsbündnisses Bürgerkoalition, die vor einer weiteren Kontrolle der Gesellschaft durch die Regierung warnt.

Derzeit bekommt jede polnische Frau statistisch 1,4 Kinder, die polnische Bevölkerung schrumpft. Die Regierung unter Premierminister Mateusz Morawiecki und unter ideologischer Regie von Parteichef Jaroslaw Kaczynski sieht das geplante Institut als unumgänglich an. Es soll statistische, gesellschaftlich-politische Aufgaben haben wie auch über staatsanwaltliche Funktionen verfügen. Zudem wird im Parlament weiterhin ein Gesetzentwurf diskutiert, den die Vereinigung „Pro – Recht auf Leben“ eingebracht hat.

Vergangenen Herbst gingen Zehntausende Menschen auf die Straße

Nach ihrem Vorschlag sollen Föten als Kinder gelten, womit die Abtreibung als Kindstötung mit lebenslänglicher Gefängnisstrafe belegt würde. Bei Schwangeren, die selbst abtreiben, sollte Milde walten, nicht jedoch bei Ärzten.

Der Einfluss des Klerus und laienkatholischer Organisationen in dem Land, wo mehr als 90 Prozent der römisch-katholischen Kirche angehören, gilt als groß. Allerdings wollen nur acht Prozent der Polen ein totales Abtreibungsverbot, mit der derzeitigen Rechtsprechung sind immerhin 24 Prozent der Befragten einverstanden.

Gegen die Verschärfung der Abtreibungsregelungen gab es immer wieder Proteste, im vergangenen Herbst gingen Zehntausende Menschen auf die Straße.

Auch am Dienstag protestierten die Frauen mit blutverschmierten Puppen, die an durch Schwangerschaftskomplikationen verstorbene Frauen erinnern sollen, vor dem Sejm. Initiatorin von weiteren Kunstblutaktionen und Kopf der größten Organisation „Streik der Frauen“ ist Marta Lempart, eine offen lesbisch lebende Bauunternehmerin – und darum für viele Frauen in dem konservativen Land keine Identifikationsfigur.