Kanalarbeiter der Gemeinde Sidmouth an der Südwestküste Englands kämpfen derzeit gegen einen 64 Meter langen Fettberg. Muss sich auch Stuttgart für einen Kampf gegen die fettigen Ungetüme rüsten?

Stuttgart - Er ist länger als der schiefe Turm von Pisa: Kanalarbeiter der Gemeinde Sidmouth an der Südwestküste Englands kämpfen derzeit gegen einen 64 Meter langen Fettberg. Schon 2017 wurde nach wochenlanger Arbeit ein 250 Meter langes Gebilde in der Londoner Kanalisation abgebaut. Wie sie entstehen? Fettklumpen im Abwasser bilden sich durch Abfälle, die nicht in der Toilette landen sollten: Hygieneartikel, Fett, Öle, Feuchttücher, Kondome. Das Fett verklumpt den Unrat zu einer harten Masse. Muss sich auch Stuttgart für einen Kampf gegen die fettigen Ungetüme rüsten?

 

„Uns sind Probleme mit Fettbergen nicht bekannt“, beruhigt Ekkehardt Schäfer von der Stadtentwässerung Stuttgart (SES). Große Fettmengen in Verbindung mit Strukturstoffen könnten zu solchen Verstopfungen führen, so der Leiter der Abteilung Entwässerung. Der Einsatz von Fettabscheidern, die Fette und Öle vom Abwasser trennen, verhindere jedoch größere Störungen.

Problem Feuchttücher

Immer häufiger im Abwasser befänden sich Feuchttücher. Das Problem: Sie verwirbeln sich im Abwasserstrom zu reißfesten Klumpen. Die Folgen: verstopfte Pumpen und erhebliche Schäden an der Abwasserinfrastruktur. Da die Feuchttücher auf der Wasseroberfläche schwimmen, können sie zum Teil in die Gewässer abgeleitet werden. Sie bleiben lange im Ökosystem der Flüsse, weil sie nur schwer verrotten.

„Die Verstopfungen werden in der Regel durch einen Saugwagen abgesaugt oder mit dem Rechengut der Kläranlage aus dem Abwasser entnommen“, sagt Schäfer. „Derzeit werden in Stuttgart mehr als 2000 Tonnen Rechengut pro Jahr aus dem Abwasser entnommen“, ergänzt er. Nach der Entnahme werde es verbrannt. 2018 seien rund 250 Bereitschaftsstunden notwendig gewesen, um die Verstopfungen zu beseitigen. Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kann die Entfernung solcher Verstopfungen bei den Pumpen im Einzelfall mehrere Zehntausend Euro pro Pumpe kosten.

Allerdings trägt am Ende die Allgemeinheit die Kosten für die Verstopfungen, nicht der Verursacher. Der VKU fordert auf seiner Webseite auch ein Umdenken von den Herstellern: Sie sollen ihre Produkte besser kennzeichnen. Was sich im Abwasser verirrt? Neben Holzbalken, Eisenteilen und Leitern habe man auch schon Schubkarren in den Kanälen gefunden, berichtet Schäfer. In den Klärwerken seien es unter anderem Hygieneartikel, Bälle und Kleidungsstücke.