Das Finale im Streit um den Rettungshubschrauber, der noch am Krankenhaus Leonberg stationiert ist, ist kein demokratisches Meisterstück, kommentiert LKZ-Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Selbst große Optimisten dürften am Ende kaum noch erwartet haben, dass eine dauerhafte Stationierung von Christoph 41 in Leonberg in der momentanen politischen Konstellation durchgesetzt werden kann. Zu eindeutig waren die Signale aus dem Innenministerium. Und für die Abgeordneten der Regierungsparteien war Koalitionsdisziplin offenbar wichtiger als die Belange der Menschen in ihrem Wahlkreis, wie übrigens auch die Interessen der örtlichen Parteifreunde.

 

Staatssekretär spricht anderen Kompetenz ab

In der Sache selbst ist gegen eine landesweite Betrachtung ja überhaupt nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil. Natürlich hat Sabine Kurtz recht, wenn sie sagt, dass die Menschen auf dem Land genauso gut versorgt werden müssen, wie jene im Ballungsraum. Und natürlich muss ein verantwortlicher Staatssekretär die Interessen des ganzen Bundeslandes berücksichtigen.

Doch die Frage ist, mit welchen Mitteln und Methoden dieser Interessenausgleich bewerkstelligt wird. Staatssekretär Wilfried Klenk hat sich ganz offensichtlich für die Basta-Methode entschieden: Die anderen haben keine Ahnung, deshalb steht in dem vom eigenen Haus beauftragten Gutachten die einzige Wahrheit.

Analyse beruht auf Zahlen aus 2018

Nun hat der ausgewiesene Fachmann Klenk, dessen Hauptgeschäft über Jahrzehnte die organisierte Rettung war, zweifelsfrei die Kompetenz, die Schlüsse eines Gutachtens entsprechend zu deuten. Fakt aber bleibt, dass wir hier keine aktuelle Analyse vorliegen haben. Die Expertise wurde 2018 in Auftrag gegeben und 2020 vorlegt. Dass sich Situationen und Gefahrenlagen in diesem vergleichsweise langen Zeitraum geändert haben, scheint nachrangig.

Noch, um es vorsichtig auszudrücken, irritierender ist aber das Demokratieverständnis einiger der beteiligten Personen. Dass der Politroutinier Klenk mit dem einstigen CDU-Selbstverständnis als gottgegebene und allgewaltige Regierungspartei durchdrungen ist, könnte ein Erklärungsansatz sein, warum er sich von Petitionen nicht weiter stören lässt. Doch dass der Grüne Peter Seimer die basisdemokratischen Ursprünge seiner Partei mit der Behauptung konterkariert, dass allein schon rein zeitlich nur Profipolitiker in der Lage wären, komplexe Themen in ihrer Tiefe zu erfassen, das ist harter Tobak.

Schlag ins Gesicht der Retter

Es gibt genügend Menschen jenseits der Politik, die sich in bestimmten Bereichen hervorragend auskennen – auch weil es ihr tägliches Geschäft ist. So darf man den Frauen und Männern, die Tag und Nacht bei Unfällen oder Katastrophen ihre eigene Gesundheit riskieren, zugestehen, dass sie durchaus beurteilen können, was nötig ist, um Menschenleben zu retten. Für sie dürfte es wie ein Schlag ins Gesicht sein, wenn ihnen in dieser Frage pauschal die Kompetenz abgesprochen wird.

Was bleibt? Die Enttäuschung bei den Kämpfern für Christoph 41 und die Gefahr eines weiteren allgemeinen Vertrauensverlustes in die Politik, was gerade in dieser Phase der globalen Verunsicherung ganz bitter ist. Und vielleicht noch die vage Aussicht, dass sich in fünf Jahren – so lange dauert es, bis der Abzug akut wird – viel ändern kann. Denn die Argumente, die für einen Rettungshubschrauber in unserer Region sprechen, auch jenes für einen 24-Stunden-Betrieb, haben durch die Meinung des Staatssekretärs und der Regierungsabgeordneten keineswegs an Überzeugungskraft verloren.