Achillessehne, Patellasehne, Läuferknie Wie Sie Probleme beim Joggen verhindern können

Knieschmerzen beim Joggen oder danach? Das könnte auf ein Runner’s Knee, Probleme mit der Patellasehne (Jumper’s Knee) oder eine strapazierte Achillessehne hindeuten. Foto: imago/Wavebreak Media LTD

Viele Menschen haben in der Coronapandemie das Laufen für sich entdeckt. Wer sich viel bewegt, strapaziert aber womöglich manche Sehnen zu sehr. Besonders oft treten Probleme seitlich und unterhalb des Knies sowie am Übergang Wade-Ferse auf. Ein Überblick.

Stuttgart - Sehnen leisten viel. Sie sind deshalb jedoch auch Verschleißteile. Alter, Überlastung, fehlendes Training, fehlende Aufwärmung vorm Sport, Übergewicht, eine verschlechterte Durchblutung sowie manche Medikamente begünstigen ihre Abnutzung. Elastische Klebebänder (Medi-Tapes) entlasten die Sehnen etwas. Aber Vorsicht: Das tun sie nur, wenn sie auch richtig angebracht sind. Ansonsten können sie selbst zum Problem werden. Was Sie zum Läuferknie, dem Patellaspitzensyndrom und zu Entzündung und Riss der Achillessehne wissen sollten.

 

Was tun, wenn eine Sehne akut SOS funkt?

Die Sehne schonen! Rezeptfreie entzündungshemmende Schmerzmittel können die akuten Schmerzen lindern, ebenso Quarkwickel und Kühlen. Werden die Beschwerden nach zehn bis 14 Tagen trotzdem nicht besser, ist es ratsam, zum Arzt zu gehen.

Das Läuferknie (Runner’s Knee) entsteht vor allem bei Läufern. Was passiert da – und was tut weh?

Im Mittelpunkt steht ein Sehnenfaserstrang, der Tractus iliotibialis (TIT), der sich aus den Sehnenfasern verschiedener Muskeln bildet. Er zieht von der Hüfte weg, entlang der Außenseite des Oberschenkels abwärts bis zum seitlichen Schienbeinkopf. „Das Läuferknie tritt auf, wenn man vermehrt trainiert, die Gesäßmuskulatur aber nicht ausreichend gefestigt ist. Dann kippt das Becken etwas, und das Band reibt auf einer Seite über einen leichten Hügel an der Knieaußenseite und entzündet sich“, sagt der Orthopäde Peter Müller von der Orthopädischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Kann ich den Beschwerden vorbeugen?

„Ja. Insbesondere wer übergewichtig ist, sollte nicht einfach losrennen, weil es dann leicht zu einer Überlastung kommen kann“, warnt Müller. Vorab ist es sehr wichtig, Rumpf- und Hüftmuskulatur zu trainieren. Dehnungsübungen gegen Muskelverkürzungen und Warmmachen vorm Laufen sind unerlässlich. Den Trainingsumfang dann langsam steigern. Außerdem sollte das Schuhwerk gut gedämpft sein. „Es hilft auch, vorab eine Laufanalyse durchführen zu lassen.

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So kann etwa auch die Art, wie der Fuß aufgesetzt wird, falsch sein, oder es ist eine Einlage wegen eines Senk- oder Spreizfußes notwendig“, so der Orthopäde Tomas Smith vom Diakovere Annastift, Hannover. Es ist zudem möglich, den Tractus iliotibialis durch eine leichte Erhöhung des Schuhaußenrandes zu entlasten. Auch Fehlstellungen wie O-Beine können das Läuferknie begünstigen. „Beim X-Bein wird die Außenseite des Knies stärker belastet, beim O-Bein die Innenseite“, sagt Smith.

Warum dauert es mitunter Monate, bis man das Lauftraining wieder beginnen kann?

„Die sofortige Laufpause ist das A und O, Radfahren und Kraulen sind geeignete Alternativen“, so Orthopäde Peter Müller. „Ebenso die sofortige Behandlung mit gezielter Physiotherapie, solange die Entzündung frisch ist. Dann dauert die Ausheilung zwei bis drei Wochen. Doch viele Patienten kommen erst nach zwei bis drei Monaten. Dann dauert es auch so lang, bis sie wieder schmerzfrei sind.“ Tritt keine Besserung ein, kann einmalig Kortison gespritzt werden. Eine Operation ist normalerweise nicht nötig.

Und was ist, wenn druckähnliche Schmerzen unterhalb der Kniescheibe auftreten?

Dann liegt ein Patellaspitzensyndrom vor, auch als Jumper’s Knee bekannt. In diesem Fall wird die Patellasehne, die am unteren Ende der Kniescheibe (Patella) ansetzt und zum Unterschenkel verläuft, zu stark belastet. Das tritt weniger beim Laufen als vielmehr bei Sprungsportarten mit häufigen Start-Stopp-Bewegungen und Richtungswechseln wie Tennis und Badminton auf. Wird es zu viel, treten die druckähnlichen Schmerzen unterhalb der Kniescheibe auf. Auch im Hinblick auf die Patellasehne gilt: vorm Sport gut aufwärmen.

Ist das Aufwärmen vorm Sport nicht auch für die Achillessehne wichtig?

„Das ist sogar sehr wichtig. Wird sie überlastet, führt das zu einem Reizzustand im Sehnengewebe“, sagt Müller von der LMU. Es ist ratsam, die Achillessehne während des Sports, der nicht auf harten Böden erfolgen sollte, mit Strümpfen oder einer Fußbandage warm zu halten und Schuhe mit erhöhtem Absatz zu verwenden. Nach dem Training sollte man Sehne und Wadenmuskulatur exzentrisch dehnen (Zehenspitzstand), um Wadenmuskelverkürzungen zu vermeiden.

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Und was tun, wenn die Achillessehne schon stark strapaziert ist?

Fühlt sich eine Achillessehne steif an, ist sie angeschwollen und schmerzt, dann ist es ratsam, das Bein für zwei bis drei Wochen zu schonen. Wird das nicht gemacht, degeneriert die Sehne. „Es kommt zu chronischen Entzündungen, Sehnengewebe stirbt ab und wird durch eine schlecht dehnbare Narbe ersetzt“, beschreibt Müller. Sind Mikrorisse in der Sehne wieder ausgeheilt, dann ist es wichtig, den zurückbleibenden verkürzten Sehnenansatz möglichst oft zu dehnen. Das macht ihn wieder belastbarer.

Wie wird eine gerissene Sehne behandelt?

Ein Spezialschuh bewirkt innerhalb von etwa sechs Wochen, dass sich die Sehnenenden wieder annähern und zusammenwachsen. Sollten das nicht der Fall sein, dann erfolgt eine OP. Dabei entfernt der Chirurg die verschleißbedingten Anteile, säubert die Sehnenenden und verbindet sie miteinander. Beide Vorgehensweisen haben Nachteile: Infolge der OP kann es zu sensorischen Störungen an der Wade kommen. „Beim Spezialschuh müssen die Sehnenenden über großes Narbengewebe zusammenwachsen, das nicht sehr belastbar ist, was das Risiko für einen erneuten Riss erhöht“, so Müller.

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