Die Rettung stark übergewichtiger Menschen in Notsituationen stellt Rettungsdienste oftmals vor Herausforderungen. Vertreter des DRK und der Feuerwehr Stuttgart erklären, wie sie vorgehen.
In einem medizinischen Notfall muss es schnell gehen. Doch was, wenn die Patientin oder der Patient aufgrund von starkem Übergewicht nicht ohne Probleme vom Rettungsdienst ins nächste Krankenhaus gebracht werden kann? In und um Stuttgart sind Rettungskräfte häufig mit dieser Situation konfrontiert.
Damit das Rettungsteam in einem solchen Fall dennoch schnell handeln kann, stehen laut DRK Kreisverband Stuttgart eine spezielle Ausrüstung für Adipositas-Transporte zur Verfügung. „Nach den Beschlüssen des Landesausschusses für den Rettungsdienst in Baden-Württemberg ist in jedem Rettungsdienstbereich ein speziell ausgerüstetes Fahrzeug für die rettungsdienstliche Versorgung von adipösen Patienten separat vorzuhalten“, erklärt Andrea Buse vom DRK Kreisverband Stuttgart. „In Stuttgart steht ein solch spezieller Rettungswagen zur Verfügung.“ Leistungsträger ist die Branddirektion der Landeshauptstadt Stuttgart.
Adipositas-Transporte immer häufiger
„Die Rettung und der Transport von adipösen Patienten erlangt zunehmend Bedeutung im Rettungsdienst und im Krankentransport“, heißt es seitens des DRK Rettungsdiensts Esslingen-Nürtingen. Entsprechend passen auch Rettungsdienste in der Region ihre Ausstattung an – denn die Belastungsfähigkeit der Fahrtragensysteme und die Ausrüstung von normalen Krankentransportwagen und Rettungswagen für den Transport adipöser Patienten reichen meist nicht aus.
In wenigen Minuten zum Schwerlast-Rettungswagen umrüsten
Auch der DRK Rettungsdienst Esslingen-Nürtingen greift auf Spezialfahrzeuge, Rettungswagen und Krankentransportwagen zurück, die für den Transport stark schwergewichtiger Patientinnen und Patienten ausgelegt sind. Der sogenannte „Schwerlast-Rettungswagen“ wird im Regelbetrieb als normaler Rettungswagen eingesetzt, kann jedoch in wenigen Minuten umgerüstet werden.
Weil auch die üblichen Patiententragen, Transportstühle und Rettungstragetücher auf durchschnittliche Körpermaße ausgelegt sind, kommt in den Spezialfahrzeugen auch besondere Rettungstechnik zum Einsatz.
So setzt das DRK beispielsweise eine spezielle Trage ein, die einer Belastung von bis zu 300 Kilogramm standhält. „Der Umbau der Fahrtrage aus dem Regelbetrieb zur Schwerlasttrage dauert nur circa 10 Minuten“, heißt es.
Feuerwehr hilft aus
Doch nicht immer steht den Rettungskräften besagte Ausrüstung zur Verfügung. In diesem Fall hilft die Feuerwehr aus, um Rettungsteams mit Einsatzfahrzeugen und Rettungstechnik zu unterstützen. So auch in Stuttgart.
„Ein Großteil der Belegschaft der Berufsfeuerwehr ist als Rettungssanitäter ausgebildet – die nötigen Kenntnisse sind also vorhanden“, so Markus Helfert von der Feuerwehr Stuttgart. „Häufig sind die Kräfte aber auch darüber hinaus qualifiziert.“ Die meisten Situationen, die beim Transport adipöser Personen auftreten können, würden ohnehin im Wachalltag der Feuerwehr geübt.
Feuerwehrleute üben Rettungssituationen im Wachalltag
Grundsätzlich sei der Rettungstransport erforderlich, wenn der Rettungsdienst entscheidet, dass der oder die Patientin in ein Krankenhaus muss, aber über 150 Kilogramm wiegt und somit mit der üblichen Ausrüstung nur schwer aus dem Gebäude zu transportieren ist, Helfert.
Diese Situationen können laut Markus Helfert von der Feuerwehr Stuttgart in verschiedene Stufen eingeteilt werden. So haben Rettungsdienste in einem ersten Schritt die Möglichkeit, zusätzliches Personal anzufordern, um „Tragehilfe“ zu leisten. „Das ist der Fall, wenn zwei Personen es nicht schaffen, den Patienten zum Rettungswagen zu transportieren“, erklärt Helfert.
Rettung mit der Drehleiter und Mini-Kran
In einem zweiten Schritt kommen weitere vier Einsatzkräfte der Feuerwehr dem Rettungsdienst mit einem zusätzlichen Fahrzeug zur Hilfe. „Zudem kann eine Transporthilfe mit Drehleiter angefordert werden“, so Helfert. An dieser wird eine Krankentragen-Halterung montiert, auf deren Trage wiederum der Patient oder die Patientin liegend über das Fenster nach draußen transportiert werden kann.
Sollten diese Hilfsmittel nicht ausreichen, stellt die Feuerwehr einen sogenannten „Rescue Loader“ zur Verfügung. „Das ist eine Art Mini-Kran, der über die Drehleiter durch ein Fenster in die Wohnung des Patienten einfahren und dort die Trage aufnehmen kann“, erklärt Helfert.
Unter bestimmten Umständen, etwa wenn die Patientin oder der Patient über 200 Kilogramm wiegt, kommen auch Spezialkräfte wie „Höhenretter“ zum Einsatz oder es wird ein Kran für den Transport benutzt. Das ist laut Markus Helfert von der Feuerwehr Stuttgart jedoch eher selten der Fall. „So etwas passiert etwa drei- bis fünfmal im Jahr – wenn überhaupt“, sagt er. „Meist reichen die anderen Möglichkeiten aus.“
Großraumrettungswagen bei bis zu 400 Kilogramm Körpergewicht
Wie auch beim DRK Rettungsdienst Esslingen-Nürtingen kommt in den meisten Fällen auch in Stuttgart ein Schwerlast-Rettungswagen zum Einsatz. In extremen Fällen besteht zudem die Möglichkeit, einen Großraumrettungswagen zu nutzen. „Dieser kann Patienten mit bis zu 400 Kilogramm Körpergewicht transportieren“, so Helfert. Beide Fahrzeuge sind bei der Berufsfeuerwehr stationiert.
Auch XXL-Krankentransporte möglich
Doch nicht immer handelt es sich bei den Einsätzen von Rettungsdienst und Feuerwehr um Notfälle. Sofern vorab geplant, übernimmt die Feuerwehr auch Krankentransporte, beispielsweise für einen Arztbesuch, erklärt Helfert. Dann jedoch müssen die Patienten beziehungsweise deren Krankenkassen die Kosten für den Transport selbst tragen.