Die Adler Mannheim haben ihren Kader umgekrempelt. Mit Erfolg – in das Halbfinale der Play-offs gegen Ingolstadt geht das Eishockey-Team sehr selbstbewusst.

Mannheim - Die Meisterfeierlichkeiten haben sich Marcus Kink und einige seiner Teamkollegen aus sicherer Entfernung angeschaut. Der Kapitän der Adler Mannheim und seine Mitspieler waren nicht einmal traurig, dass sie auf der Tribüne saßen – anstatt mitten auf dem Eis zu jubeln. Am vergangenen Sonntag weilten die Eishockeyprofis beim Finale der Deutschen Nachwuchsliga (DNL) – zwischen den Juniorenmannschaften der Adler und der Eisbären Berlin. Die Mannheimer gewannen 5:1, und obwohl Kink dies durchaus als gutes Omen sah, betonte er sofort: „Bis dahin ist aber noch einiges zu tun.“

 

So zurückhaltend sich der 27-Jährige äußert, er spricht genau in der neuen Tonlage der Adler. Und allein das zeigt schon, dass der Club gerade eine ziemliche Wandlung vollzieht. Natürlich ist es zu früh, bereits von der Finalserie zu sprechen. Schließlich beginnt für die Mannheimer am Donnerstagabend zunächst einmal das Play-off-Halbfinale beim ERC Ingolstadt. Doch beim einstigen Branchenprimus aus der Kurpfalz wurden in den vergangenen Jahren schon viel früher in der Saison große Töne gespuckt – meist von Spielern, die ihren hehren Ankündigungen dann nur enttäuschende Leistungen folgen ließen.

Die Clubidole Kreis und Fowler treiben ihren Kurs voran

Nun sieht es aber so aus, als könnte sich der sechsmalige Deutsche Meister nach vier erfolglosen Jahren endlich wieder ernsthafte Chancen auf den Titel ausrechnen. Die Hauptrunde der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) beendeten die Mannheimer als Vierter, zwischenzeitlich führten sie sogar die Tabelle an, im Play-off-Viertelfinale besiegten sie die Hamburg Freezers problemlos mit 4:1 und gehen nun mit viel Selbstbewusstsein in die „Best-of-five“-Serie gegen Ingolstadt.

Die wiedererstarkten Adler sind das Ergebnis einer Entwicklung, die bereits vor der vergangenen Saison angestoßen wurde. Mit dem Trainer Harold Kreis und dem Manager Teal Fowler, zwei früheren Clubidolen als Spieler, übernahm eine komplett neue sportliche Führung die Verantwortung für die Mannschaft. Sie kündigten hoch dotierte Verträge mit abgehalfterten Stars und setzten stärker auf junge Spieler. Doch die Saison 2010/11 verlief zäh. Das Team spielte defensives Eishockey, was bei den Fans nicht gut ankam, erreichte nur über die Pre-Play-offs das Viertelfinale und schied dort sang- und klanglos mit 1:3 gegen Düsseldorf aus.

Der Teamgeist ist die große Stärke

Vor dieser Spielzeit trieben Kreis und Fowler die Umstellung des Kaders weiter voran. „Wir haben dabei mehr auf den Charakter geschaut, und weniger auf Statistiken“, sagt der Manager. Der 41-Jährige gibt zu, dass er und Kreis dabei durchaus Mut aufbringen mussten, keine großen Namen zu verpflichten. Denn noch immer haben die Adler mit Berlin den höchsten Etat der DEL (7,4 Millionen Euro). „Aber wir sind weggegangen von einem Superstarensemble hin zu einem Team mit ehrlichen, mitreißenden Arbeitern“, sagt Fowler. „Das passt zu Mannheim.“

Dieses Image hat die Mannschaft sofort verinnerlicht. Nach den Partien kürt sie den „Arbeiter des Tages“, der sich dann mit blauem Bauarbeiterhelm auf dem Kopf den Fans zeigt. „Die Spieler haben eine intensivere Arbeitseinstellung als früher“, sagt Fowler. Mit preußischer Disziplin erfüllt jeder seine Aufgabe. Darum funktioniert auch besonders das Über- und Unterzahlspiel so gut. „Alle stellen den Teamerfolg vor den eigenen“, sagt der Manager. Überhaupt sei die große Stärke der Adler der „ausgeprägte Teamgeist und ihre Geschlossenheit“, betont Kreis.

Im gleichen Hotel wie vor der letzten Meisterschaft

Die Stützen der Mannschaft finden sich weiterhin vor allem in der Defensive. Der Torhüter Fred Brathwaite ist in überragender Form (gegen Hamburg hatte der 39-Jährige eine Fangquote von 96,6 Prozent) und der Verteidiger Chris Lee (13 Tore und 32 Vorlagen) wurde kürzlich zum besten Abwehrspieler der Liga gewählt. Doch Kreis (53) hat sein Spielsystem weiterentwickelt und setzt nun deutlich mehr auf Offensive. Das honorierten die Fans, und so erhöhte sich der Zuschauerschnitt, der in der Vorsaison auf knapp 9700 gefallen war, wieder um 1000 Besucher.

Entfesselte Eishockey-Euphorie ist in Mannheim zwar noch nicht ausgebrochen. „Weil wir vor der Saison keine großen Sachen formuliert haben“, versichert Kreis. Und auch Fowler betont vor dem Duell mit Ingolstadt: „Das wird eine harte Serie auf Augenhöhe.“ Doch die Titelchance spukt immer stärker in den Köpfen herum. Das zeigt sich auch daran, dass mittlerweile eine besondere Analogie zwischen dem Gewinn der letzten Meisterschaft 2007 und dieser Spielzeit gezogen wird. Denn das Trainingslager vor den Play-offs in Garmisch absolvierten die Adler im gleichen Hotel wie vor fünf Jahren.