Wer in den Ferien fremde Tiere hütet oder Übernachtungsgäste hat, kann manches erleben. Unsere Kolumnistin spricht aus leidvoller Erfahrung.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Katzen sind beliebte Zeitgenossen. Sie haben Charakter. Sie sind intelligent, eigenwillig und niedlich. Vor allem sind sie mit erstaunlichem Durchhaltevermögen gesegnet. Ich habe kürzlich eine Katze gehütet, deren Lieblingsbeschäftigung es war, mich an der Wade zu kratzen. Ob ich gekocht habe oder gespült – kratz, kratz, kratz. Ob ich Zähne geputzt oder gearbeitet habe – kratz, kratz, kratz. Falls sie mich ausnahmsweise mal nicht gekratzt hat, ist sie über die Tastatur marschiert oder saß neben meinem Teller und hat die Nase ins Essen gesteckt. Wollte ich sie vom Tisch scheuchen, hat sie mir eine Backpfeife gegeben. Mit ihren niedlichen, lieblichen, hübsch langen Krallen.

 

„Du musst mit ihr spielen“, hat eine Freundin geraten. Das Tier brauche Zuwendung. Ich solle ein Wollknäuel besorgen oder eine Spielzeugmaus. Also habe ich an ein Stück Zahnseide zerknautschtes Papier geknotet und hab es durch die Wohnung gezogen. Von der Küche zum Wohnzimmer. Vom Wohnzimmer zum Schlafzimmer. Irgendwann ist die Katze dann losgeschossen und hat das Papier gekillt, zerfleischt und zerfetzt und mit ihren niedlichen Krallen geprügelt, gevierteilt und gefleddert. Danach hat sie sich wieder meiner Wade gewidmet.

Mancher Besuch stinkt schon nach einem Tag

Besuch kann den Alltag eben durcheinanderbringen. Bekannte hatten mal ihre schrullige Tante zu Gast. Sie hat geraucht. Sie hat gesoffen. Und sie hat sich mit Sonnenblumenöl eingeschmiert, das schon etwas ranzig war. Danach war nicht nur die Bettwäsche hinüber, sondern man konnte die Matratze auch gleich rausschmeißen.

Deshalb sagt man ja: Besuch stinkt nach drei Tagen.

Bei einer Kollegin hat der Besuch allerdings schon nach einer halben Stunde gestunken. Der Hund der Gäste hatte nämlich Durchfall. Er schleppte sich von der Küche zum Schlafzimmer. Vom Schlafzimmer zum Wohnzimmer. Dort ist dann angeblich noch jemand ausgerutscht und gestürzt.

Eine Freundin hat mal eine Katze gehütet, die nach drei Tagen einfach tot umgefallen ist. Seither nimmt sie nur noch junge Hunde in Pflege. Der letzte war allerdings so wild, dass sie ihn nachts ins Wohnzimmer sperrte. Das hat sich gerächt, besser gesagt: Sie hatte viel Geschäft mit dem Geschäft. Denn selbiges komponierte das Kerlchen liebevoll auf dem Teppich – in einem hübschen Kreis aus Pipi-Blümchen, in dessen Mitte er kunstvoll die dampfende Krönung platzierte.