Darf man Begriffe verwenden, mit denen das Militär operiert? Nur, wenn sie bombensicher sind und ihr Ziel auf keinen Fall verfehlen – meint unsere Kolumnistin Adrienne Braun.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Eine Schauspielerin hat kürzlich einen Preis bekommen. Sie sei mitreißend, hieß es in der Laudatio. Sie sei umwerfend. Ja, sie sei eine „Granate“. Bei der Preisverleihung herrschte eine Bombenstimmung. Lachsalven, Jubelstürme, Freudengeheul. „Diese Frau ist wahrlich explosiv“, frohlockte das Publikum. „Die ist der Hammer.“

 

Mir stellt sich da eine gewichtige Frage. Es gibt nämlich Theorien, die besagen: Wer spricht, der handelt. Sprache schafft Fakten. Selbst wenn man arglos daherschwatzt, konstruiert man mit bestimmten Begriffen eine gesellschaftliche Realität. Da will man eigentlich einer attraktiven Rakete einen Orden an die Brust heften, bringt alles schön auf Vordermann und lädt die ganze Mannschaft ein – und mir nichts, dir nichts hat man verbrannte Erde hinterlassen. Man ist ein guter Kamerad, steht immer Gewehr bei Fuß, hält die Stellung – und prompt gibt’s Kollateralschäden. Nur weil man sprachlich sein Ziel verfehlt hat.

Beim Torpedowaffentreffen gibt es leckere Sahnetorte

Ich kannte mal eine sehr nette ältere Dame, die immer freitags ins Marineheim zum Torpedowaffentreffen marschierte. Ihre Kinder bestürmten und attackierten sie regelmäßig. Sie solle zum Kaffeekränzchen gehen. Oder zu einer Gartenparty mit Anfassen. Aber verdammt noch mal nicht zu diesem militaristischen Torpedowaffentreffen. „Dabei ist es da immer so nett“, sagte die alte Dame jedes Mal wieder, „und es gibt so gute Sahnetorte.“

Aber das ist eben vermintes Gelände. Da muss man dann schon mal mit Kanonen auf Spatzen schießen oder besser noch schweres Geschütz auffahren. Wenn jemand von der Pike auf gelernt hat, dass es beim Torpedowaffentreffen immer leckere Sahnetorten gibt, lässt er sich natürlich nicht so schnell mit 08/15-Plunderstückchen abspeisen – selbst wenn er von den Kinder regelmäßig ins Visier genommen wird und bei diesen familiären Gefechten strategisch doch nur ins Hintertreffen gerät.

Mist, jetzt sind noch ein paar Zeilen übrig. Dabei habe ich mein Pulver für heute bereits verschossen. Auch wenn ich die Waffen ungern strecke – aber ich muss die Flinte jetzt ins Korn werfen. Für die paar Zeilen lohnt es sich auch nicht mehr, noch ein anderes Thema in Angriff zu nehmen oder eine neue Front aufzumachen. Deshalb halte ich einfach nur noch die Fahne hoch und schicke ein dreifaches Salut. Versprochen: das nächste Mal gibt’s wieder einen schlagkräftigen Schluss. Der wird alle so umhauen, dass sie garantiert platt sind.