Seit 30 Jahren werden in Heimerdingen am letzten Wochenende vor Weihnachten Christbäume aus den nahen Wäldern verkauft. Die Erlöse gehen an einen guten Zweck.
Samstag, zwölf Uhr: Die beiden Männer auf dem vollgeladenen Anhänger des Traktors haben alle Hände voll zu tun. Eine Nordmanntanne nach der anderen wechselt im Minutentakt den Besitzer. Kein Wunder, denn die mit Schnee bestäubten Tannen, die ursprünglich aus dem westlichen Kaukasus stammen, standen vor wenigen Tagen noch im Stadtwald von Ditzingen oder in den Gemeindewäldern von Heimerdingen und Eberdingen. Unterdessen werden Weihnachtsbäume vom Bau- oder Supermarkt oft schon im Herbst geschlagen.
Bäume wachsen in ehemaligen Baumschulgebieten
Die Transportwege bis zum Bauhof in Heimerdingen sind kurz. Und da im Wald chemiefrei gearbeitet wird, sind die Bäume auch frei von jeglichen Spritzmitteln. Schafe sorgen dafür, dass die Christbäume genügend Platz zum Wachsen haben und fressen Himbeer- und Brombeergestrüpp. „Acht bis zehn Jahre haben die Nordmanntannen in meist ehemaligen Baumschulgebieten, die heute nicht mehr gebraucht werden, Kohlendioxid gebunden“, sagt Revierförster Steffen Frank, der meist am letzten Wochenende vor Heiligabend, mit 20 ehrenamtlichen Helfern Weihnachtsbäume verkauft.
Der Förster freut sich über die Besucherströme und die gute Stimmung, die nach zwei Jahren mit Corona-Beschränkungen ausgelassen ist. Gut 150 Liter Glühwein haben die Jagdpächter für die traditionelle Veranstaltung angesetzt und Hunderte Würstchen, darunter vegane, gibt es vom Grill, der etwas geschützt vor der eisigen Kälte in der offenen Garage steht. Passend zu den Temperaturen werden selbst gestrickte Socken, Schals und Mützen angeboten. Wer noch ein Weihnachtsgeschenk sucht, findet Sterne, Bäume und andere Dekoartikel aus Holz. „Spätestens beim Christbaumverkauf am Ende des Jahres trifft man sich hier“, begrüßt ein Familienvater ein Paar, das bereits einen Weihnachtsbaum ergattert hat.
Von der Blautanne zur Nordmanntanne
„Angefangen hat alles bei meiner Revierübernahme vor 30 Jahren“, erinnert sich Steffen Frank. „Im Wald standen ein paar Reihen Blautannen, die eigentlich keine typischen Waldbäume sind und wegsollten.“ Dank ihres Duftes, des bläulichen Schimmers und der starken Äste sind sie trotz ihrer stechenden Nadeln eine mögliche Weihnachtsbaumvariante. So kam dem Förster die Idee mit dem Christbaumverkauf. Heute sind unter den rund 500 Bäumen vor allem Nordmanntannen, die nicht nur bei den Besuchern vor Ort am begehrtesten sind, sondern in den meisten deutschen Wohnzimmern zu Weihnachten glitzern und funkeln. In Deutschland werden jährlich etwa 30 Millionen Weihnachtsbäume verkauft – davon rund 80 Prozent Nordmanntannen.
„Die Nordmanntanne könnte auch ein Baum der Zukunft sein, denn sie verträgt Hitze und Kälte und kommt mit wenig Niederschlag aus“, erklärt der Förster. „Wir haben auch schon Pazifische Edeltannen angepflanzt, aber kaum Wachstum verzeichnet.“ Die Nachfrage nach dem einstigen Klassiker, der Fichte, geht auch in Heimerdingen mehr und mehr zurück.
Das Ehepaar aus Ditzingen, das gerade angekommen ist, kauft hier schon immer seinen Weihnachtsbaum. „Ich möchte eine kleine Tanne“, erklärt die Frau dem Förster, der sie auf die nächsten Fuhren Bäume vertröstet, die von örtlichen Landwirten übernommen werden. „Inzwischen kommen die Käufer aus dem ganzen Umkreis, von Stuttgart, Pforzheim und Leonberg“, sagt Frank.
10 000 Euro Erlös und Spenden für den guten Zweck
Dieses Jahr geht der Erlös der Aktion an das Hospiz in Leonberg und den Strohgäu-Laden; den Tafelladen in der Ditzinger Innenstadt. Die Tafel kann den Andrang der vergangenen Monate kaum bewältigen. Das Hospiz in Leonberg wird zu klein und braucht eine Erweiterung. Gute Gründe, den beiden Organisationen unter die Arme zu greifen. „In den letzten Jahren kamen mit Spenden etwa 10 000 Euro zusammen“, erklärt Steffen Frank nicht ohne Stolz. Wieder rollt eine Ladung Weihnachtsbäume auf den Hof, die sofort von einer Traube kaufwilliger Menschen umringt ist.
Mehr zum Strohgäuladen unter: www.kreisdiakonieverband-lb.de und zum Hospiz in Leonberg unter: www.hospiz-leonberg.de