In der Zeit bis Weihnachten öffnen wir an jedem Tag ein Türchen zu einem interessanten Ort in der Region Stuttgart, der sonst meist verschlossen ist. Am 7. Dezember sind wir in den Gewölben der Sektkellerei Kessler in Esslingen.

Esslingen - Nein, dieses Türchen bleibt bei Führungen für Besucher bei Deutschlands ältester Sektkellerei Kessler in Esslingen normalerweise zu. „Produktion, Türe bitte geschlossen halten“ steht hier geschrieben. Nur Mitarbeiter haben Zutritt zu diesem Bereich. Doch weil Advent ist, öffnet das Traditionshaus für uns ausnahmsweise die Tür einen Spalt breit und gestattet einen Blick auf die Funktionsweise des „Elevators“. Die unter Denkmalschutz stehende Maschine transportiert die leeren Sektflaschen seit rund 60 Jahren über zwei Etagen nach unten, wo dann die Abfüllanlage mit leckerem Sekt die Luft aus den Glasbuddeln lässt.

 

Der Flaschen-“Elevator“ steht unter Denkmalschutz

Klack, klack, klack. Flasche um Flasche transportiert das vertikale Förderband nach unten. Für Bertram Haak, Vertriebsleiter und Sommelier bei Kessler, ist das Klimpern der Flaschen Musik in den Ohren. Die ungewöhnliche Transportweise ist der besonderen Situation am Produktionsstandort in der Esslinger Innenstadt geschuldet, erklärt Bertram Haak.

Es geht beengt zu in dem ehemaligen Speyrer Pfleghof, wo Georg Christian von Kessler 1826 seine Firma gegründet hat. Die Decken im zweiten Obergeschoss sind so niedrig, dass größere Menschen den Kopf einziehen müssen. Teile des Gebäudes stammen aus dem 8. und 9. Jahrhundert.

Der Großteil der Grundweine stammt aus Norditalien

Lastwagen liefern die leeren Flaschen draußen an der Rampe auf Paletten an. Ein Lastenaufzug hievt diese nach oben, wo sie gelagert werden. Dann geht es einzeln in den Elevator. Zwischen 15 000 bis 18 000 Flaschen werden täglich abgefüllt. „Cabinet“, „Hochgewächs“ oder „Jägergrün“ heißen die Klassiker, die unter Sekttrinkern einen ausgezeichneten Ruf haben. Bis auf „Gold“ – diese Sorte reift im Stahltank heran – werden alle Kessler-Erzeugnisse in der Flasche vergoren. Der Großteil der Grundweine für die edlen Tropfen kommt aus der italienischen Provinz Trient, ein kleinerer Teil aus Esslinger Lagen sowie aus Maulbronn, dem Rheingau und Rheinhessen.

Die Weine lagern in großen Stahltanks. Einige leere Tanks stehen noch im Klosterkeller, einem vom Unternehmen Kessler aufgegebenen Standort am Fuß der Esslinger Burgsteige. „Hier hat Georg Christian von Kessler 1826 erstmals in Deutschland begonnen, Sekt zu machen“, sagt Bertram Haak und schließt die Türe zu dem Keller auf, die für Besucher sonst ebenfalls geschlossen ist. Eine Steinquader-Treppe führt steil hinab in ein Gewölbe, in dem die Temperatur unabhängig von der Jahreszeit bei konstant 14 Grad Celsius liegt.

Stadträte sollen Sektleitungen angezapft haben

Die Edelstahlleitungen von den Tanks zum Kessler-Hauptgebäude waren bis 2014 in Betrieb. Sie führen am Rathaus vorbei. Hin und wieder sollen Stadträte die Leitungen angezapft haben. „Es wurde erzählt, dass die Sitzungen dann viel harmonischer verliefen“, berichtet Haak mit einem Schmunzeln. Bestätigt ist diese amüsante Anekdote freilich nicht.

Der Sommelier gibt während des Rundgangs noch so manche Geschichte zum Besten. Aus der Fülle an Informationen rund um Kessler Sekt sticht eine heraus: „So ein Sekt ist ein Gesamtkunstwerk, jede Flasche ist ein Individuum“, so Haak. Um dies sinnlich begreifbar zu machen, geht es jetzt in die Probierstube. Der Sommelier degorgiert eine Flasche Hochgewächs, die 20 Monate herangereift ist. Das heißt, er öffnet die Flasche und entfernt die Hefe. Dann wird probiert. Fein perlt der „Natur brut“, strahlend hellgelb leuchtet er im Glas – mit einem lebhaften Mousseux. Kerzenlicht passt dazu gut. Spätestens an Heiligabend wird eine solche Flasche entkorkt. Noch 17 Mal schlafen.

Hier geht es zu allen Teilen unseres Adventskalenders aus der Region Stuttgart.