Kühe sollen nicht mehr ständig angebunden gehalten werden. Bei einem angestrebten Verbot wird sich Baden-Württembergs Agrarminister an diesem Freitag im Bundesrat der Stimme enthalten im Vorgriff auf die neue grün-schwarze Regierungskoalition.

Stuttgart - Noch steht Grün-Schwarz in Stuttgart nicht. Doch ausgerechnet beim Tierschutz, der ein Herzensanliegen der Grünen ist, wirft die neue Regierungsformation im Südwesten schon ihre Schatten voraus. Der Bundesrat berät diesen Freitag über ein Verbot der Anbindehaltung von Kühen. Und dabei wird sich Baden-Württemberg, wie eine Sprecherin von Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) mitteilt, „nach Rücksprache mit dem potenziellen Koalitionspartner“ der Stimme enthalten.

 

Mehr Bewegungsmöglichkeiten für Kühe

In puncto Rinderhaltung geht es um einen Entschließungsantrag, den die schwarz-grüne Landesregierung von Hessen eingebracht hat. Das Wiesbadener Kabinett meint, dass die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern nach einer Übergangsfrist von zwölf Jahren verboten werden soll. Der Grund: Die Anbindung „erlaubt den Tieren keine Möglichkeit zur Fortbewegung, erschwert das Abliegen und Aufstehen wegen der Fixierung und des meist geringen Platzangebots und schränkt auch andere Grundbedürfnisse ... entweder ein oder verhindert die Ausübung gänzlich.“

Zwar betont der Bauernverband, dass die Zahl der Höfe, auf denen Kühe in Anbindehaltung leben, deutlich gesunken sei. Allerdings wird bundesweit etwa jede vierte Kuh nach wie vor so gehalten. Vor allem in Bayern und Baden-Württemberg ist die Anbindehaltung noch üblich. Die Grünen wenden sich schon seit langem gegen diese Haltungsform. Und damit stehen sie keineswegs allein auf weiter Flur. Dass sich auch in der CDU Kritik daran regt, beweist der Antrag aus Hessen, das vom CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier regiert wird. Im Bundesrat kommt es heute somit zu einer bemerkenswerten Situation: Um die Südwest-CDU nicht zu vergrätzen, enthält sich das von den Grünen geführte Baden-Württemberg bei einem Vorschlag, den die Hessen-CDU unterstützt. Und bei der Gelegenheit versagt die Stuttgarter Landesregierung einem Anliegen ihre Stimme, das die Grünen unisono fordern. Der Vorstoß aus Wiesbaden wird voraussichtlich trotzdem eine Mehrheit in der Länderkammer finden. Ob er umgesetzt wird, ist offen. Dafür müsste ihn die Bundesregierung aufgreifen. Das jedoch wird Bundesagrarminister Christian Schmidt wohl nicht tun. Denn in dem Fall bekäme der CSU-Politiker mächtig Ärger mit dem bayerischen Bauernverband (BBV). Der meint, dass die Anbindehaltung gerade in kleineren, oft im Nebenerwerb geführten Betrieben verbreitet sei. Diese Höfe, sagt BBV-Präsident Walter Heidl, überlegten schon, wie sich weiterentwickelten könnten - sei es durch eine Kombination aus Laufstall und Anbindehaltung oder dadurch, dass die Kühe im Sommer auf die Weide kämen. Dieser Wandel dürfe nicht durch ein Verbot forciert werden.

Kennzeichnung für verarbeitete Eier

Im Bundesrat geht es im übrigen nicht nur um Kühe, sondern auch um Legehennen. Bei unverarbeiteten Eiern gibt es längst eine Kennzeichnung auf der Packung, die besagt, ob ein Ei aus Öko-Erzeugung, aus Freilandhaltung oder Bodenhaltung stammt oder ob die Legehenne in Käfighaltung ihr Dasein fristet. Allerdings fehlt eine Kennzeichnung für verarbeitete Eier - also für Eier, die zum Beispiel in Kuchen oder Nudeln enthalten sind. Diese Lücke wollen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schließen. Sie fordern, dass die Bundesregierung für Lebensmittel mit der Zutat Ei eine Kennzeichnung vorlegt, die es Verbrauchern möglicht macht, sich für oder gegen eine bestimmte Haltungsform zu entscheiden. Auch dieser Entschließungsantrag wird voraussichtlich eine Mehrheit finden - und zwar mit der Stimme der Stuttgarter Regierung. Bei der Eierkennzeichnung vollzieht Baden-Württemberg also keinen Eiertanz, sondern vertritt, was die Grünen an dieser Stelle schon lange fordern