Von Februar an sitzt die Notfallpraxis der Fachärzte mit am Empfangstresen in der Klinik Winnenden.Die Umleitung nicht akuter Fälle soll helfen, unnötige Wartezeiten zu vermeiden.

Winnenden - Zumindest die baulichen Umbauarbeiten an der Interdisziplinären Notaufnahme des Rems-Murr-Klinikums sind abgeschlossen. Jenes Nadelöhr – im Klinikjargon selbst schnell als „Schießscharte“ gebrandmarkt –, an dem die Kundschaft im hochmodernen neuen Klinikum mit seinen 630 Betten Schlange zu stehen hatte, ist ersetzt durch einen Empfangstresen, an dem künftig vier Fachangestellte für die Erstformalitäten zur Verfügung stehen. Die organisatorischen Veränderungen greifen zum 1. Februar.

 

Dann werden dort, wo im neuen Empfangsbereich speziell geschultes Fachpersonal eine Ersteinschätzung der Patienten vornimmt, zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten auch Kräfte der Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung sitzen. Diese waren bisher im benachbarten Gesundheitszentrum beschäftigt, informierte der Klinikgeschäftsführer Marc Nickel jetzt in einem Pressegespräch.

Kritik wegen zu langer Wartezeiten

Gerade die Notaufnahme war seit Öffnung der neuen Klinik vor zwei Jahren immer wieder wegen überlanger Wartezeiten und mangelhafter Organisation in der Kritik gestanden. Durch die baulichen Veränderungen samt Einbau moderner Vernetzungstechnik und die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Notfallpraxis der niedergelassenen Ärzte und der Notaufnahme verspricht man sich nochmals deutliche Verbesserungen für die Notaufnahme.

Dort sei die durchschnittliche Wartezeit laut der selbst erhobenen Daten für alle Einzelfälle binnen Jahresfrist bereits um 35 Minuten auf 75 Minuten gesenkt worden – unter Einschluss der als nicht dringlich eingestuften Fälle. Geschäftsführer Nickel: „Für den Umbau der Notaufnahme haben wir einen hohen sechsstelligen Betrag investiert. Wir haben mehr Personal eingestellt und die Abläufe neu organisiert.“

Positive Auswirkungen der installierten Änderungen, zu denen auch ein sogenannter Rescuetrack samt Bildschirmen mit Meldungen über in Anfahrt befindliche Rettungswagen gehört, zeigten sich bereits. „Obwohl wir im vergangenen Jahr 25 Prozent mehr Patienten in der Notaufnahme betreut haben als 2015, ist die Beschwerdequote um 19 Prozent zurückgegangen.“

Ein Problem bei den auch andernorts massiv steigenden Patientenzahlen in der Notaufnahme, so sagte der Chefarzt der Interdisziplinären Notaufnahme (INA), Torsten Ade, sei der hohe Anteil derer, die eigentlich gar kein Fall für eine Notaufnahme seien. Ebendiese im normalen Facharztbetrieb betreubaren Fälle sollen nun beim Erstempfang direkt an die neuerdings auch mit ihren Behandlungs- und Betreuungsräumen direkt neben der Kliniknotaufnahme angesiedelten Notfallpraxis übergeben werden. Dies werde voraussichtlich zu einer enormen Entlastung und nochmals kürzeren Wartezeiten führen, glaubt die Winnender Klinikleiterin Claudia Bauer-Rabe: „Das betrifft bis zu 20 000 der jährlich hier ankommenden 50 000 Patienten.“

Täglich werden 130 Patienten untersucht

Vom Nutzen der Neuorganisation ist auch Johannes Fechner von der Kassenärztlichen Vereinigung überzeugt. Es sei inzwischen Standard, dass man den eigenen Notfalldienst „zumindest an den Wochenenden und Feiertagen, wo das höchste Patientenaufkommen besteht, in einer zentralen Notfallpraxis an einem Krankenhaus anbietet“.

Laut Statistik werden in der Notaufnahme in Winnenden zurzeit täglich 130 Patienten untersucht. Mit 50 000 Patienten hat sich deren Anzahl im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um 10 000 erhöht. In der neu gestalteten INA stehen 35 Behandlungsplätze zur Verfügung, die von sechs Pflegekräften, zwei medizinischen Fachangestellten sowie tagsüber sechs bis sieben und nachts drei bis vier Ärzten betreut werden.