Die Fahrer von Bussen und Bahnen sind nach Ansicht des Betriebsrats gezwungen, Überstunden zu schieben. Ob alle bezahlt werden, ist unklar. Eigentlich wären 50 bis 70 neue Mitarbeiter nötig.

Stuttgart - Die städtischen Eigenbetriebe sorgen dafür, dass es dem Stuttgarter Arbeitsrichter Ulrich Lips nicht langweilig wird. Aktuell verhandelt er einen Fall, der das Klinikum betrifft (Libyen-und Kuwait-Affäre). Und er ist auch in den Dauerclinch zwischen dem Betriebsrat der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) AG und der Arbeitgeberseite involviert. Am Freitag hat Lips wenig überraschend das Scheitern eines Gütetermins festgestellt.

 

Gestritten wird über die Dienstpläne der Fahrer von Bussen und Bahnen, und es ist anzunehmen, dass diese schon nicht mehr gelten, wenn das Urteil ergeht. Die Arbeitnehmervertreter beharren aber aus Prinzip darauf, dass sie nicht verwendet werden dürften, weil sie nicht um Zustimmung gebeten worden seien. Außerdem seien Fristen nicht eingehalten und Beschwerden ignoriert worden. Für den Arbeitsrechtler Uwe Melzer ist das unverständlich, weil das verwendete Verfahren bereits 2015 auf Initiative der Geschäftsführung und gegen die Stimmen des Betriebsrats in einer so genannten Einigungsstelle beschlossen worden sei. Die SSB haben in der Güteverhandlung auf einer verfahrensgerechten Vorgehensweise beharrt.

Die Fahrt zum Ablösepunkt in Dienstkleidung muss vergütet werden

Was spricht nun gegen die Dienstpläne? Darin seien die Wegezeiten nicht eingerechnet, die ein Fahrer zwischen Betriebshof und dem Punkt zurücklegt, an dem er sein Fahrzeug übernimmt oder abgibt, hebt der Betriebsratsvorsitzende Klaus Felsmann hervor. Dass das kein Freizeitvergnügen ist, sondern Arbeitszeit, auch wenn der Mitarbeiter Fahrgast ist, hat das Bundesarbeitsgericht schon 2015 festgestellt.

Der Betriebsrat beklagt außerdem, dass Vor- und Abschlusszeiten nicht ausreichend berücksichtigt seien. Ein Gutachter hatte mit der Stoppuhr die Zeit gemessen, die ein Fahrer braucht, um vor und nach der Fahrt den Bus und die Bahn ordentlich zu inspizieren. 20 bis 25 Minuten bei einem Zug, 14 Minuten für einen Bus wurden festgestellt. Eingeplant seien aber zehn Minuten für beide Fahrzeugarten, sagt Melzer.

Weniger Überstunden bedeutet mehr Personal

Würden diese Tätigkeiten jedoch in vollem Umfang in die Dienstpläne eingespeist, hätte das kürzere Lenkzeiten zur Folge und einen Bedarf von 50 bis 70 zusätzlichen Mitarbeitern. Heute arbeite das Fahrpersonal zwei bis drei Stunden pro Woche ohne Vergütung, und das seit zwei Jahren, beklagt Melzer. Die Beschäftigten können allerdings eine Auszahlung beantragen, jedoch nur für die vergangenen sechs Monate. Früher habe der Vorstand in solch eindeutigen Angelegenheiten großzügig über Fristen hinweg gesehen und das Personal voll entlohnt, sagt Klaus Felsmann. Jetzt müsse man leider davon ausgehen, dass die SSB-Anwälte darin einen Untreuetatbestand vermuten und dem Vorstand von einer Kulanzregelung abraten würden.