Künftig werden die Straßen und Wege im Hospitalviertel täglich gereinigt. Grund dafür ist der viele Müll dort nach den langen Partynächten auf der Theodor-Heuss-Straße. Die Anwohner werden dafür nicht zu knapp zur Kasse gebeten.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - So sieht es der Pfarrer: Wer den Schaden hat, von dem darf die Stadt nicht obendrein Gebühren kassieren. So sieht es die Stadt: Wer den Nutzen hat, der muss dafür bezahlen.

 

Der Pfarrer heißt Eberhard Schwarz. Er spricht durchaus für seine Gemeinde, die Hospitalgemeinde, denn die Stadt bittet auch die Kirche neuerdings zur Kasse. Eigentlich ist er aber nicht als Pfarrer in den Bezirksbeirat gekommen, sondern als Vorsitzender des Forums Hospitalviertel, des Vereins, der sich ums Wohl des Quartiers und seiner Bürger bemüht.

Knapp 80 Euro pro Meter Hausfront

Schwarz beklagt einen Beschluss des Gemeinderats, den „wir eigentlich mit Freude zur Kenntnis genommen haben“. Das Viertel ist zur sogenannten Reinigungszone eins erklärt worden. Was heißt, dass die Stadt dort täglich den Müll entsorgen und mit Kehrmaschinen reinigen lässt. Allerdings „sind wir überrascht und verärgert, dass wird dafür zur Kasse gebeten werden“, sagt Schwarz. Dies mit nennenswerten Summen: Knapp 80 Euro pro Meter Hausfront berechnet die Stadt für die Sonder-Kehrwoche. Dabei wird es aller Voraussicht nach bleiben, obwohl der Bezirksbeirat fürs Hospitalviertel eine Befreiung von der Gebühr gefordert hat.

Woher die Müllberge rund um den jüngst eröffneten Neubau des Hospitalhofs stammen, ist offenkundig. Sie sind Spuren des Nachtlebens entlang der Theodor-Heuss-Straße. Nach durchfeierten Nächten „sieht es aus wie ein Schweinestall“, sagt der Christdemokrat Andreas Müller. Gleiches gilt selbstredend für andere Teile der Innenstadt, am plakativsten für die Königstraße. Auch sie zählt zur bevorzugten Reinigungszone. Selbstverständlich verlangt die Stadt auch von den dortigen Hausbesitzern Geld für den Dienst. Allerdings wird an der Einkaufsmeile mit der Sauberkeit gleichsam Geld verdient.

Hinterhof der Theo

Dagegen sind im Hospitalviertel Händler und Gastronomen rar, für Innenstadt-Verhältnisse sogar ausgesprochen rar. Und „wir sind der Hinterhof der Theo“, sagt Schwarz. Die Hinterlassenschaften der Partygänger lassen laut Schwarz viele Hausbesitzer zusätzlich von Hausmeistern entsorgen. Die „sind an den Wochenenden vier Stunden mit Entsorgung beschäftigt“, sagt er. Auf der untersten politischen Ebene herrscht kein Zweifel, dass für das Hospitalviertel andere Regeln gelten müssen als beispielsweise für das nur wenige Gehminuten entfernte Gerberviertel.

Dass in den Häusern dort zumindest im Erdgeschoss fast durchweg mit Handel oder Dienstleistung Geld verdient wird, gilt dem Bezirksbeirat nicht als entscheidendes Argument. Es ist die direkte Nachbarschaft zum Zentrum des Nachtlebens, die einen einstimmigen Beschluss für eine Sonderregel begründet. „Wenn wir die Theodor-Heuss-Straße offiziell zur Partyzone der Stadt erklären, muss man mit ihr ähnlich umgehen wie mit dem Stadion“, sagt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, „dann ist es im öffentlichen Interesse, dass dort Ordnung herrscht“.

Absage vom OB

Allerdings ist unwahrscheinlich, dass dieses Argument an anderer Stelle im Rathaus gehört wird. Der Hospitalviertel-Verein hat bereits eine Absage von oberster Stelle. Er hatte per Brief beim Oberbürgermeister Fritz Kuhn um Erlass der Sondergebühren gebeten – vergeblich. Ausnahmen seien nicht möglich, heißt es in der Antwort. Weshalb letztlich der Bezirksbeirat auf eine Mischung zwischen Zwang und Einsicht an anderer Stelle hofft. Nicht nur auf der Partymeile, auch bei Stadtfesten sollen nach dem Willen der Lokalpolitiker die Wirte grundsätzlich Pfand verlangen. Wo der Wille vorhanden ist, scheint dieser Vorschlag durchaus praktikabel. So hält es konsequent der Club Suite 212. Adresse: Theodor-Heuss-Straße 15.