Tonnenweise wird im Landkreis Ludwigsburg Abfall illegal entsorgt. Kürzlich musste Bauschutt aus einem Hausabriss von einem Wanderparkplatz weggekarrt werden.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Hohe Abfallgebühren und steigende Kosten für Energie und Lebensmittel – das verleitet manchen Zeitgenossen, seinen Abfall dort loszuwerden, wo es nichts kostet: in der freien Landschaft, in öffentlichen Behältern am Wegesrand oder bei sich selbst in den grünen Tonnen, die nicht leerungsbezogen abgerechnet werden. Wie steht es um die Müllmoral im Landkreis? Schwarze Schafe trüben das eigentlich gute Bild, die kreiseigene Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg (AVL) berichtet von zum Teil krassen Fällen.

 

Welche Fälle stimmen die Kreisverwaltung besonders bedenklich?

Eine große Menge Bauschutt aus einem Wohnhausabbruch lag im April auf dem Wanderparkplatz der Steinheimer Kaisersberghütte am Autobahnzubringer Backnang-Mundelsheim. Das Landratsamt Ludwigsburg reagierte und zeigte den Vorfall bei der Landespolizei an – die aber erfolglos ermittelte. „Die Verursacher werden sehr selten ermittelt – wir wissen wenig über ihr Einkommen“, sagt Andreas Fritz, Sprecher des Landratsamts. Weil sehr viel Bauschutt herumlag, musste ihn die AVL entsorgen. Bei Mengen bis fünf Kubikmeter schwärmen die Bauhöfe der jeweiligen Kommunen aus.

Sind viel befahrene Landstraßen an Wäldern ein Brennpunkt?

Die Erfahrung lehrt: Gut anfahrbare und schlecht einsehbare Stellen in Wäldern sind potenzielle Tatorte für die Umweltvergehen. So geschehen im Hardtwald zwischen Rielingshausen und Kleinaspach. Der Leser Joachim Schiele schlug Alarm und schrieb unter anderem dieser Zeitung. „Der Müllberg liegt seit Wochen herum – wer bringt ihn weg?“ Ein solches Verhalten empört Schiele: „Ich finde es schrecklich, was hier passiert ist, und ich würde mir wünschen, dass die Verursacher entsprechend bestraft werden.“ Inzwischen ist der Unrat Geschichte. Er lag auf Pleidelsheimer Waldgemarkung. Der Bauhof der Gemeinde karrte den hässlichen Haufen weg. Pech für den Missetäter: Die Polizei wurde eingeschaltet und fand Rechnungen und Schriftstücke, berichtet Andreas Fritz. Die Ermittlungen in dem Fall dauerten an.

Was für Abfall landet im Wald?

Im Jahr 2022 wurden laut Landratsamt insgesamt 373 Tonnen Unrat unerlaubt entsorgt. Der größte Anteil entfiel mit 221 Tonnen auf gemischte Siedlungsabfälle, also Rest- und Restsperrmüll. Außerdem tauchen immer wieder Bauschutt in der Gesamtmenge von 100 Tonnen und Altreifen mit 37 Tonnen auf. Schadstoffe sind mit sechs Tonnen ebenso vertreten wie gefährliche Abfälle wie Asbest mit vier Tonnen.

Wo lassen sich bei der wilden Müllentsorgung regionale Schwerpunkte feststellen?

Laut Umweltamt des Kreises stammt rund die Hälfte der entsorgten Mengen aus den Städten Ludwigsburg, Vaihingen, Asperg, Kornwestheim und Markgröningen. Ein beachtlicher Anteil von 10 Prozent sei durch die Straßen- und Autobahnmeisterei im Landkreis Ludwigsburg eingesammelt und entsorgt worden. Insgesamt entstanden Kosten von 108 000 Euro.

Nimmt die illegale Entsorgung zu?

Im frühen Frühling sowie im Winter oder Spätherbst werden mehr wilde Müllberge entdeckt, denn der Bewuchs ist geringer. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet das Landratsamt ein in etwa gleich hohes Niveau. Damals entstanden Kosten von 113 000 Euro. Ein Grund für die eher leicht rückläufige Tendenz könnte die Abnahme von Take-Away-Nahrung und deren Verpackung nach dem Ende der Pandemie sein, vermutet Behördensprecher Fritz. In den Corona-Jahren habe der wilde Müll etwas zugenommen.

Wird die Mülltrennung von den Haushalten genügend beachtet?

Leichtverpackungen, Papier, Glas, Rest- und Biomüll werden regelmäßig eingesammelt. Die Einwohner im Kreis Ludwigsburg müssen den Abfall nur in die entsprechenden Gefäße sortieren und die Tonnen am Abholtag an die Straße stellen. Die Mülltrennung funktioniert allerdings nur mäßig gut. „Die Fehlwurfquote ist in Summe deutlich zu hoch“, sagt Boris Ziegler, der Pressesprecher des Unternehmens Prezero, das im Kreis die Gelben Tonnen leert. Während in ländlicheren Regionen die Quote nur bei etwa 30 Prozent liegt, beträgt der Anteil von Müll, der fälschlicherweise bei den Leichtverpackungen entsorgt wird, in Städten bei teilweise mehr als 60 Prozent. Werden die Prezero-Mitarbeiter fündig, lassen sie die Behälter ungeleert stehen. Kann es sein, dass die Einwohner im Landkreis die Gelben Tonne, für dessen Leerung sie nicht extra zahlen müssen, nutzen, um kostenpflichtigen Abfall loszuwerden? Oder spielen Unwissenheit oder Bequemlichkeit eine Rolle? Ziegler: „Ob die Fehlwürfe vorsätzlich oder irrtümlich geschehen, können wir nicht messen.“

Wann werden Fehlwürfe für die Entsorger zu einem großen Problem?

Manchmal kann es kritisch werden, wenn Dinge in den Gelben Tonnen landen , die dort nichts verloren haben. „Große Sorgen bereiten uns falsch entsorgte Stromspeicher“, sagt Boris Ziegler von Prezero. Batterien und Akkus verursachen nach seinen Angaben bundesweit fast wöchentlich Brände in Sortieranlagen und Sammelfahrzeugen. Dadurch geraten die Mitarbeiter des Abfuhrunternehmens potenziell in Lebensgefahr, erklärt der Pressesprecher.

Wie stark wird Restmüll auf illegale Weise in öffentlichen Abfallbehältern entsorgt?

Zurzeit vermehrt und zunehmend auch in der Innenstadt, also nicht mehr nur in der Nähe von Wohnblöcken, deren Gemeinschaftsbehälter überfüllt sind, erklärt Sebastian Konczalla, Vorarbeiter bei der Stadtreinigung in Ludwigsburg. Rund 1500 Behälter würden ständig geleert. Erwischt würde kaum jemand: „Wir bringen die Müllsäcke weg, wir finden seltene Adressen oder andere Hinweise darin“.