Die SPD nominiert die Rechtsanwalts-Fachangestellte nicht mehr für das Neckarweihinger Gremium. Nadine Untch wirft der Partei vor, sie wegen abweichender Meinungen abzustrafen.

Ludwigsburg - Stadtteilausschüsse spielen in der Ludwigsburger Kommunalpolitik meistens eher eine Nebenrolle. Sie werden nicht direkt gewählt und haben nur beratende Funktion. In Neckarweihingen ist dies anders – der Streit um die Buslinie 421 hat zur Lagerbildung in dem Ortsgremium geführt. Nun gibt es Streit über die Neubesetzung.

 

Im Mittelpunkt steht Nadine Untch, eine 42 Jahre alte Rechtsanwalts-Fachangestellte. Sie sitzt seit 2013 für die SPD in dem Gremium, sie wurde noch vom damaligen Fraktionschef Eckart Bohn angefragt. Mitglied in der Partei ist sie nicht. In einigen Fragen vertrat Untch eine andere Auffassung als der Ludwigsburger Ortsverein. Neben kleinen Themen wie einem Aufzug in der Neckarweihinger Schule auch in der Busdebatte. Untch favorisiert die Linienführung, die von der Stadtverwaltung vorgeschlagen und von einer Bürgerinitiative bekämpft wurde.

„Absolut peinlich“

Nun fühlt sich Nadine Untch für ihre Haltung abgestraft. Denn als es um die Neubesetzung des Neckarweihinger Stadtteilausschusses nach der Kommunalwahl ging, erhielt sie eine E-Mail von der SPD-Fraktionschefin Margit Liepins. Es gebe „mehrere Bürger und engagierte Mitglieder“, die Interesse an der Arbeit im Stadtteilausschuss hätten. Und weiter: „Wir haben uns zusammen mit unserem Ortsvereinsvorstand besprochen und möchten eine Neubesetzung vornehmen.“ Als der Gemeinderat auf Vorschlag der SPD die Stadtteilausschuss-Mitglieder am 25. September ernannt hat, tauchte Untch nicht mehr auf – an ihrer Stelle wurde Anja Hänßler gewählt.

Nadine Untch protestiert in einer Mail an Liepins. „Die Art und Weise meines Rauswurfs ist absolut peinlich“, schreibt sie. Bereits seit einiger Zeit habe sie den Eindruck gehabt, man wolle sie loswerden.

Keine Reaktion auf die Mail

Schon vor der Wahl habe Margit Liepins versucht, den Sitz an ihre Tochter Stefanie Liepins zu übergeben. Diese ist inzwischen zur SPD-Vorsitzenden gewählt worden, zusammen mit dem Stadtrat Nathaniel Maier. Untch spricht von „familiären Verklüngelungen“ und vermutet, sie werde für ihre kritische Haltung abgestraft. „Ich sage klar meine Meinung, vertrage auch Kritik“, erklärt, sie, „man hätte mit mir reden können.“ Auf ihre Mail habe es keine Reaktion gegeben.

Die Abberufung von Nadine Untch hat auch bei den anderen Parteien in Neckarweihingen Erstaunen ausgelöst. Der CDU-Mann Roland Schmierer etwa, seit 25 Jahren Mitglied im Stadtteilausschuss, sagt dazu: „Sie hat sich bei sozialen Themen vorbildlich im Stadtteilausschuss engagiert, etwa für Behinderte.“ Sie habe auch sehr gut mit den anderen Gruppierungen zusammengearbeitet. Der Grünen-Rat Sven Langjahr erklärt: „Ich empfinde dieses Verfahren nicht als besonders demokratisch, sie wurde rausgeschmissen.“

„Es gibt Leute, die besser zu uns passen“

Bei der SPD kann man die Aufregung nicht verstehen. „Es gibt kein lebenslanges Recht, Mitglied in dem Ausschuss zu sein“, sagt die Fraktionschefin Margit Liepins. Nadine Untch sei zwar in den Sitzungen gewesen, habe aber keinen Kontakt mit der Partei gehabt. Daher habe die Gemeinderatsfraktion mit dem Vorstand entschieden: „Es gibt Leute, die besser zu uns passen.“ Die Diskussion um die Buslinie sei das letzte i-Tüpfelchen gewesen. Liepins verweist auf frühere Konflikte.

Die beiden Frauen gerieten schon vor einem Jahr aneinander. Untch warf der Fraktionschefin in E-Mails vor, sie loswerden zu wollen, Liepins wies dies zurück. „Wir haben uns ausgesprochen, damit war das für mich erledigt“, sagt Margit Liepins dazu. Doch das Verhältnis zwischen Nadine Untch und der Partei blieb angespannt. Der Streit um die Buslinie 421, der in Neckarweihingen mit großer Leidenschaft geführt wurde, hat die Lage weiter eskaliert. Sowohl Untch wie auch die andere SPD-Stadtteilbeirätin Bärbel Treiber-Juranek stimmten anders ab als die Parteilinie. Nadine Untch wirft den Anhängern der Bürgerinitiative vor, mit „falschen Fakten“ argumentiert zu haben. Bei einem Rundgang der SPD zum Busstreit war der Konflikt nicht zu übersehen.

Gestörtes Vertrauensverhältnis

Inzwischen hat sich auch der Co-Vorsitzende der Ludwigsburger SPD eingeschaltet, Nathaniel Maier, der mit Stefanie Liepins die Partei führt. Er entschuldigt sich bei Untch, dass man nicht auf ihre Mail geantwortet habe: „Wir hätten uns früher melden müssen.“ Er verteidigt jedoch die Entscheidung und verweist darauf, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen Ortsverein, Fraktion und den Ausschussmitgliedern vonnöten sei: „Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall.“ Es sei aber zu keinem Zeitpunkt daran gedacht worden, Stefanie Liepins in den Stadtteilausschuss zu entsenden.

Die Ludwigsburger SPD kommt jedenfalls erst mal nicht zur Ruhe. Der vorige Ortsvereinschef Yannick Schulze war in die Datenschutzaffäre des SPD-Landesverbandes verwickelt – er trat nicht mehr an und ist inzwischen weggezogen.