Ludwigsburg - Von Karl Valentin ist das so schöne wie kluge Zitat überliefert: „Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“ Kann man vollendeter formulieren, dass Jammern, Motzen und Klagen sinn-, weil zwecklos sind? Zumindest wenn höhere Gewalten im Spiel sind, was bei Gott nicht nur auf Regen zutrifft. Sondern, wenn man sich der Sache angemessen humoristisch nähert, auch auf die Stadt Ludwigsburg. Jene Stadt also, die das Blühende Barock hervorgebracht hat, Mörike und – die Gestaltungsrichtlinien.
Das Stadtbild muss gewahrt bleiben
Ein Lied könnten die Einzelhändler und Gastronomen dieser Stadt darüber singen, was sie aber nicht tun. Aber mit Karl Valentin könnten sie es wenigstens halten. „Ich freue mich, wenn ich meine Pflanzen im Außenbereich ordentlich frisieren muss, denn wenn ich mich nicht freue, muss ich sie auch frisieren.“
Die Gestaltungsrichtlinien hat die Stadt erschaffen, damit die Schönheit der Stadt so richtig zur Geltung kommt. Ein Händler zum Beispiel kann nicht einfach Werbeplakate aufhängen, wie sie ihm gefallen. Und ein Gastronom darf nicht irgendwelche Sonnenschirme aufstellen, die ihm womöglich ein Getränkeproduzent spendiert. Alles muss so wirken, dass die Stadt einen guten Eindruck macht. Auf Richtliniensprech: „Möblierung der Außenbewirtschaftung, Verkaufs und Informationsstände, Plakatierungen, Werbeständer, Fahrradständer oder die beabsichtigte Gestaltung müssen so gestaltet sein, dass sie das Straßen- und Stadtbild nicht verunstalten.“
Natürlich müssen sich auch Pflanzen an Regeln halten, zumindest wenn sie im Außenbereich, also vor dem Geschäft stehen. Für sie gilt, dass sie nicht höher wachsen dürfen als 1,50 Meter; es sei denn, sie stehen auf dem Marktplatz, dann dürfen sie so hoch werden wie das erste Hausgeschoss. Beim Abstand zwischen den Pflanzenkübeln gibt es aber keinen Unterschied: eineinhalb Meter müssen sie auseinanderstehen. „Es soll luftig und locker wirken“, erklärt Heinz Mayer, der Leiter des zuständigen Fachbereichs.
Gastronomen sind sauer
„Das ist lachhaft“, erklärt George Kilinc, der in der Wilhelmstraße das Emporio betreibt und seine Gäste mithilfe zahlreicher Eukalyptusbäume vom Getöse auf der Wilhelmstraße abschottet. „Wer setzt sich denn sonst da hin?“, fragt Kilinc rhetorisch, dessen Eukalyptusbäume größer sind und auch dichter stehen als 1,50 Meter.
„Das ist doch Blödsinn“, erklärt Anna Tafuro, die in der Unteren Marktstraße ihr gleichnamiges Restaurant führt. Auch sie sieht in ihren Pflanzen – Glanzmispel und Liguster – eine Art Schutzwall vor den Autos, die in der Unteren Marktstraße eigentlich gar nicht verkehren dürften. (Und die beim Rangieren oft genug gegen die Blumenkübel stoßen.) Aber auch sie, so rät Heinz Mayer, sollte sich besser an Karl Valentin halten. Wobei Heinz Mayer das nicht so formuliert. Er sagt es so: Ordnungswahrer schritten nur bei gravierenden Verstößen ein. Und alles sei wieder im Lot, wenn der Bewuchs bis zur nächsten Saison entsprechend gelichtet werde.
Der Eukalyptus kommt weg
George Kilinc wird diese Empfehlung mehr als beherzigen. Er hat inzwischen beschlossen, seine Eukalyptusbäume abzuräumen und im nächsten Frühjahr einen anderen Schutz zu installieren. Ein Naturprodukt, das wächst, das steht für ihn schon fest, wird es nicht sein. Ein Zaun oder eine zaunartige Konstruktion auch nicht, so etwas ist nämlich auch nicht gestattet.
Aber vielleicht regnet es ja den ganzen Sommer. Und was dann zu tun ist, ist ja bekannt.