Goldene Lendenschurze tragen sie, die drei Figuren, über deren Verbleib eine Debatte entbrannt ist. Das frühere Lokal Drei Mohren heißt künftig Juwel. Die SWSG hat als Eigentümerin das Relief entfernt, ohne Abstimmung mit der Stadt. Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle ist verärgert.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Als Namensgeber für Straßen, Apotheken, Gaststätten oder als Wappen taucht der „Mohr“ quer durch Deutschland auf – und erzeugt neuerdings hitzige Debatten über Rassismus. Einst war der Begriff positiv besetzt, stand für das Besondere und Exotische – sonst wären die Figuren der drei Mohren nicht zu Aushängeschildern von vielen Orten geworden.

 

Doch die Zeiten ändern sich. Als die Wirtin Laura Halding-Hoppenheit den Mietvertrag für die lange leer stehende Gaststätte mit der historisch bedeutsamen Fachwerkfassade an der Pfarrstraße im Bohnenviertel unterschrieb, erklärte die Stadträtin der Linken sofort, sie werde den Namen des Lokals ändern. Der Ort soll künftig Das Juwel heißen, angelehnt an den Film, den Rosa von Praunheim über die Clublegende und „Schwulenmutter“ mit dem Titel „Laura – Das Juwel von Stuttgart“ gedreht hat. Mitte November soll die neue Bar starten.

Die verschwundenen Figuren sind Thema im Bezirksbeirat

Die Figuren der Mohren, hatte die Wirtin eher im Scherz gesagt, werde sie „in Regenbogenfarben“ anmalen. Mittlerweile ist das Relief verschwunden. Hat es etwa Laura Halding-Hoppenheit entfernen lassen? Darum ging es im Bezirksbeirat Mitte. Nein, die Wirtin hat mit dem Abbau nichts zu tun, erklärte Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne). Sie plädiert dafür, dass die drei Mohren als Teil der Stadtgeschichte zurück an den alten Platz kommen, versehen mit einem Schild, auf dem die Historie des Reliefs erklärt wird. Auch der Bezirksbeirat spricht sich dafür aus, ebenso die Wirtin und Stadträtin Halding-Hoppenheit, die sich die Mohren im Original nicht angemalt wünscht.

Doch wo sind die Figuren? Sie sind nicht mehr da! Haben Denkmalpfleger sie abtransportiert, wie es gerüchteweise heißt?

Die Suche nach den drei Mohren beginnt

Unsere Zeitung hat sich auf die Suche gemacht. Über ein so bedeutsames Kulturgut müsste die Stadt doch Bescheid wissen. Erste Anfrage bei der Pressestelle des Rathauses. „Weder das Kulturamt noch die untere Denkmalschutzbehörde waren in den Vorgang eingebunden“, erklärt Sprecher Martin Thronberens, „wir haben derzeit keine Informationen darüber, wo sich das Relief befindet.“ Das Stadtpalais, fährt er fort, wäre „grundsätzlich bereit“, die Mohren in seine Sammlung aufzunehmen, sollten sie wieder auftauchen. Auch im Haus der Geschichte sind sie nicht, wie die dortige Sprecherin Lydia Meißner versichert.

Wer hat die Lendenschurzträger versteckt? Schon einmal mussten sie umziehen. Die Gaststätte Drei Mohren mit den drei Figuren stand bis 1976 an der Friedrichstraße beim Varieté. Dann sollte das etwa 500 Jahre Fachwerkhaus Platz machen für Neues. Ein Verein gründete sich, dem es gelang, die Fassade beim Abriss zu erhalten und einzulagern. Neun Jahr später ist dieser historische Schatz in der Pfarrstraße an ein Gebäude angebaut worden. Dort befindet sich bis heute die Gaststätte, die als Juwel neu startet. Gerade wird sie umfangreich saniert.

Die Bezirksvorsteherin und die SWSG setzen sich nun zusammen

Unsere Recherche ergibt am Ende: Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) hat die Figuren entfernt und eingelagert. Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle ist verärgert. Mit keiner Behörde hätten sich die Hauseigentümer abgestimmt. Bei „stadtprägenden Figuren“ gehe das gar nicht, dies gelte für das Original wie für die Replik (die SWSG soll beides besitzen). „Die Bürgerschaft hat in den 1970ern um den Erhalt der Fassade und des Reliefs gekämpft“, sagt die Grüne, „daher hat sie ein Recht darauf, zu erfahren, was damit nun geschieht.“ Bei der SWSG heißt es, die Mohren stünden nicht unter Denkmalschutz, weshalb man keine Erlaubnis zum Entfernen für die Sanierung brauche. „Wir haben noch keine Entscheidung getroffen, was mit den Figuren werden soll“, teilt SWSG-Sprecherin Saskia Bodemer-Stachelski am Abend mit.

Das Geheimnis der drei Mohren