In Stuttgart-Degerloch ist eine Bushaltestelle um ungefähr 200 Meter verlegt worden. Allerdings haben es diese 200 Meter in sich. Der neue Haltepunkt ist eher unwirtlich.

Stuttgart-Degerloch - Auch kleine Veränderungen lösen zuweilen Verdruss aus, beispielsweise wenn eine Bushaltestelle um ungefähr 200 Meter verlegt wird. Im konkreten Fall liegt das einerseits daran, dass die neue Haltestelle der Buslinien 70 und 71 an der B 27 von Degerloch nach Hoffeld über Unterführung und Treppen oder einen Umweg beschwerlich zu erreichen ist für Senioren mit Rollator und Einkaufstasche. Zum anderen ist die vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) auf die gegenüber liegende Straßenseite vor das Bürogebäude an der Löffelstraße 4 verlegte Haltestelle kein besonders einladender Ort: Sie „ist kalt und sehr zugig, sie ist laut, ohne Sitzgelegenheit, und man wird von in etwa zwei Meter Entfernung vorbei brausenden, stinkenden Autos belästigt“, schrieb dieser Tage eine 92-jährige Bewohnerin des Lothar-Christmann-Hauses in Hoffeld in einem Beschwerdebrief an die SSB, den sie – auch von Mitbewohnerinnen unterschrieben – in der Lobby der Einrichtung aufgehängt hat.

 

Die Dame, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, ist verärgert: „Es ist ungeheuerlich, was Sie den alten Leuten antun“, schreibt sie. Um die Treppen der Unterführung zu vermeiden, bliebe nach dem Einkauf in Degerloch nur der zur neuen Haltestelle ungünstig gelegene Aufzug, dann jedoch müsse man „einen weiten Weg über die stark befahrene B 27 zurückgehen“. Die Verlegung hält sie für „eine idiotische Idee“. Ihr Schlusssatz: „Wir bitten dringend darum, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.“ Doch das dürfte laut einer Sprecherin der SSB schwierig werden. Der ZOB habe nämlich seine Kapazitätsgrenze erreicht, und mit der Einführung der neuen Schnellbus-Linie X4 habe eine andere Linie weichen müssen, und zwar eine, die nicht am ZOB ihre Endhaltestelle hat, weil nur dort der Bus eine Schleife fahren könne. Fahrgästen, die mit der Linie 71 nach Hoffeld möchten, empfiehlt die SSB-Sprecherin die Haltestelle an der Epplestraße: „Wenn man in Degerloch einkaufen möchte, ist die sehr gut gelegen.“

Der Bezirksvorsteher will vermitteln

Das freilich sieht die 92-jährige Dame anders: „Geht man zur Haltestelle Epplestraße des 71er Busses, ebenfalls weit von der U-Bahnhaltestelle entfernt, steht man völlig ohne Schutz von oben auf einem engen Gehweg und wenn viele Leute warten, haben die vorbeigehenden Fußgänger, besonders mit Kinderwagen kaum Platz.“

Mittlerweile schlägt die Haltestellen-Verlegung Wellen in Degerloch: „Es ist eine schwierige Situation“, sagt Elisabeth Dittrich, die Hausdirektorin im Bereich Betreutes Wohnen des Lothar-Christmann-Hauses. „Wir werden reagieren“, kündigt sie an, und dass sie sich mit dem Degerlocher Bezirksvorsteher Marco-Oliver Luz abstimmen wolle.

Der sagt, dass er gerne vermitteln wolle, und dass die SSB die Haltestelle gewiss nicht verlegt habe, „um jemanden zu schikanieren“. Im neuen Jahr solle es, so Luz, bei der SSB noch einmal eine Besprechung zu der Angelegenheit geben.

SSB erwägt Erweiterung des ZOB

Luz hat nun Betroffene mit einer E-Mail ermuntert, ihm ihre Sicht auf eine an ihn gerichtete Darstellung der SSB zu übermitteln, insbesondere was die Haltestellen-Alternative an der Epplestraße angeht. Die Stellungnahme der SSB, die er den Betroffenen mit seiner E-Mail weitergeleitet hat, legt die Vermutung nahe, dass über die Linie 71 und das Buswesen in Degerloch noch eine ganze Weile diskutiert werden wird: „Sollten sich die beiden Schnellbuslinien X4 und X7 bewähren, muss mit dieser Angebotserweiterung auch die Infrastruktur am ZOB Degerloch erweitert werden. Hier sehen wir die Stadt Stuttgart in der Pflicht, die notwendigen Flächen zur Verfügung zu stellen und den ZOB Degerloch so zu erweitern, dass zukünftig wieder alle Buslinien den ZOB anfahren können“, schrieb die SSB an den Degerlocher Bezirksvorsteher.