Der Huren- und Tuntenball in Hohenheim darf nicht mehr im Wohnheim an der Schwerzstraße gefeiert werden. In den vergangenen Jahren schlugen die Gäste zu arg über die Stränge. Nun wird der Ball in die Thomas-Müntzer-Scheuer verlegt.

Hohenheim - Es war wie in den Albträumen von Eltern, die ihren Kindern voller Vertrauen das Haus überlassen, um es dann nach dem Urlaub von einer Horde betrunkener Vandalen verwüstet wiederzufinden. Michael Max vom Studentenwerk Hohenheim-Tübingen erzählt, wie er fassungslos nach dem Huren- und Tuntenball das Studentenwohnheim an der Schwerzstraße in Augenschein genommen hat.

 

Mitten im Winter hätten noch am Vormittag Schnapsleichen in ihren Kostümierungen vor dem Eingang zum Studentenwohnheim gelegen und ihren Rausch ausgeschlafen, berichtet Max. „Der Rasen vor dem Heim war völlig zertrampelt“, sagt er. Doch das war erst so etwas wie die leise Andeutung der eigentlichen Verwüstung, die das Feiervolk angerichtet hatte. „Im Heim haben sie die Toiletten zertrümmert, die Lampen herausgerissen und im Aufenthaltsraum sogar die Decke ruiniert“, sagt Max.

Der Partykeller wurde verwüstet

Noch ein Jahr später ist ihm anzuhören, dass der Spaß für ihn nach dem vergangenen Huren- und Tuntenball endgültig zu Ende war. Zumal sich Max auch noch mit den Beschwerden der Anwohner und der Polizei über Lärm und Sachbeschädigungen auseinandersetzen musste. Die Ordnungshüter nahmen zum Beispiel in der Nacht der Feier einen jungen Mann fest. Er lief stark alkoholisiert in Minirock und Trägertop die Schwerzstraße ab und zerkratzte den Lack von parkenden Autos. In diesem Jahr soll niemand eine Gelegenheit bekommen, bei dem Traditionsfest der Hohenheimer Studenten seine Zerstörungswut auszuleben. Die seit vielen Jahren im Januar übliche Feier, bei der sich Studentinnen als Prostituierte und Studenten als Transvestiten verkleiden, wird es dieses Jahr im Studentenwohnheim an der Schwerzstraße nicht mehr geben.

Sie muss in die Thomas-Müntzer-Scheuer (TMS) umziehen, wo morgen Abend gefeiert wird. Michael Max hat die bei Studenten beliebte Feier ihres angestammten Platzes verwiesen, weil die Veranstaltung aus seiner Sicht bereits zum zweiten Mal hintereinander aus dem Ruder gelaufen ist. Die Selbstverwaltung der Wohnheimstudenten habe bei der Organisation der Feier versagt, sagt er. „Die haben viel zu viele Leute auf die Party gelassen. Das können wir auch aus Gründen der Sicherheit nicht mehr dulden.“ Aus seiner Sicht war es ein Fehler, den Ball lange im Voraus in den sozialen Netzwerken anzukündigen. Es sei etwas ähnliches geschehen wie bei den sogenannten Facebook-Partys. Viele hätten von dem Fest erfahren, die überhaupt nichts mit der Hohenheimer Universität zu tun haben. „Ich weiß, dass da Leute aus Karlsruhe oder Konstanz auf dem Ball waren. Das kann bei einem solchen Andrang irgendwann niemand mehr kontrollieren“, sagt Michael Max.

Zu viele Gäste und zu viel Alkohol

Das dichte Gedränge der oft stark alkoholisierten Gäste habe dann zu Aggressionen geführt, vermutet Max. So lassen sich aus seiner Sicht das teilweise asoziale Verhalten und die Sachbeschädigungen erklären. Die Exzesse im vergangenen Januar haben auch dazu geführt, dass die Satzung für die Nutzung des Partykellers „Gilb“ im Studentenwohnheim geändert worden ist. Die neuen Regeln schreiben vor, dass es künftig eine Schlüsselübergabe geben muss, wenn Studenten den Partykeller des Heims nutzen wollen. Wie bei der Vermietung einer Wohnung muss eine Person nun dafür geradestehen, dass der „Gilb“ ordnungsgemäß übergeben wird.

Derweil wollen es die neuen Ausrichter des Traditionsballs besser machen. Die Kulturgruppe der Universität Hohenheim hat bereits in den vergangenen Jahren die Thomas-Müntzer-Scheuer für diejenigen geöffnet, die keinen Platz im „Gilb“ gefunden haben. „Bei uns kam nie die Polizei“, sagt Juliane Stoye von der Kulturgruppe. In diesem Jahr soll es auf der Party doppelt so viele Ordnungskräfte geben wie im vergangenen Jahr. Außerdem ist um ein Uhr schon Schluss. „Wir haben erst kurzfristig angekündigt, deshalb haben wir bisher viel weniger Zusagen“, sagt sie.

Die Studentin bestätigt aber, was Michael Max vom Studentenwerk feststellt. Der Akademikernachwuchs feiert exzessiver als früher. Stoye führt das auf den höheren Leistungsdruck zurück. „Da brauchen viele das Feiern als Ventil“, sagt sie. Wie viel Druck auf dem Kessel ist, wird auf dem Hohenheimer Campus am Morgen nach der Party zu sehen sein.