Eine schwangere Bahn-Kundin aus Stuttgart sieht sich von der Bahn diskriminiert. Denn der Konzern gestattet das Ruhen von Jobtickets nur bis zu 60 Tagen. Das benachteiligt Frauen im Mutterschutz.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Luise Schaller (Name von der Redaktion geändert) ist eine treue Kundin der Deutschen Bahn. Die Pendlerin nutzt häufig den Fernzug zwischen Stuttgart und Heidelberg. Dafür hat Schaller ein DB-Jobticket im Jahresabonnement erworben, mit dem sie von Montag bis Sonntag beliebig oft auf besagter Strecke fahren kann – und das nicht übertragbar ist. Das Abo allerdings hat versteckte Tücken, für die sich der Staatskonzern inzwischen sogar vor der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eine Rüge einhandelte.

 

Doch der Reihe nach. Luise Schaller erwartet Nachwuchs. Deshalb wollte die Stuttgarterin das Jobticket für die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes von insgesamt mindestens 14 Wochen kostenlos ruhen lassen. Die freundliche Bitte lief allerdings ins Leere. Das Ruhen des Jobtickets und die Erstattung für den ungenutzten Zeitraum seien laut Vertragsbedingungen nur für maximal 60 Tage bei Elternzeit oder Krankheit möglich, teilte der Staatskonzern mit. Das Abo-Center DB-Jobticket empfahl der Kundin stattdessen die Kündigung des Jobtickets.

Kündigung wäre teurer

Denn meist nutzten Mütter nach der Geburt ohnehin die Elternzeit und gingen längere Zeit nicht zur Arbeit. Die Kündigung des Tickets würde für Schaller jedoch teuer. Denn der Abovertrag sieht vor, dass dennoch bis zum Ablauf der Geltungsdauer bezahlt werden muss – im Falle der DB-Kundin wären das Kosten von 544 Euro. Luise Schaller beschwerte sich deshalb bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die den Fall prüfte und die Geschäftsführung der DB Vertrieb GmbH mit deutlichen Worten um Stellungnahme bat. Hier stehe „eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Raum“, schreiben die Experten. Denn die DB-Regelung führe dazu, dass Väter, die zwei Monate Elternzeit nehmen, das Jobticket kostenlos ruhen lassen können. Mütter dagegen müssten weiter zahlen, weil sie laut Gesetz im Mutterschutz nicht arbeiten dürfen.

Ungleichbehandlung bei der Bahn?

Gerade die Deutsche Bahn, die von der öffentlichen Hand beherrscht werde, unterliege einer besonderen Grundrechtsbindung, betont die ADS. Deshalb solle der Konzern doch bitte „die Gründe für die Ungleichbehandlung von Elternzeit und Mutterschutz beim Ruhen des DB-Jobtickets“ darlegen. Abschließend schlagen die Experten vor, den Kunden doch auch für den Zeitraum des gesetzlichen Mutterschutzes eine Lösung wie bei der Elternzeit anzubieten.

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Die Bahn betont auf Anfrage, die Vertragsbedingungen für das Jobticket würden „unabhängig vom Geschlecht“ gelten und seien von der Aufsichtsbehörde genehmigt. Die Kundin habe die Bedingungen bei Vertragsabschluss akzeptiert. Man bedauere, dass sich die Pendlerin benachteiligt fühle und habe sich wie in anderen Fällen aus Kulanz auf eine vorzeitige Kündigung ohne die Zahlung der 544 Euro geeinigt.

Luise Schaller ist dennoch enttäuscht, dass der Konzern erst spät Einsicht zeigte und sogar die Nachbelastung erst einmal von ihrem Konto abbuchte. Aber ihr Einsatz hat sich gleich doppelt gelohnt, da auch andere werdende Mütter unter den DB-Stammkunden davon profitieren. Denn die DB will zum nächsten Fahrplanwechsel nun das Kleingedruckte anpassen und die Vertragsbedingungen für das Jobticket so ändern, dass „solche Fälle generell nicht mehr vorkommen können“.