Der Bezirksbeirat in Stammheim fordert von OB Fritz Kuhn und Baubürgermeister Peter Pätzold, sich gegen die Pläne Kornwestheims zu stellen. Dort sollen ein Industriegebiet und ein Gewerbegebiet entstehen. Die Stammheimer befürchten Lärm und Verkehr.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim/Kornwestheim - Die Stammheimer Bezirksbeiräte sind sich über alle Fraktionen hinweg einig, dass sich der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn und sein Baubürgermeister Peter Pätzold mehr als bisher für die Belange der Stammheimer Einwohner einsetzen sollen. In einem gemeinsamen Antrag haben die Lokalpolitiker einen einstimmigen Beschluss gefasst, der sich auf die Pläne der Nachbarstadt Kornwestheim bezieht. Die will an der Grenze zu Stammheim ein Industriegebiet und ein Gewerbegebiet ausweisen. Die Stammheimer befürchten dadurch weiteren Verkehr und Lärm. „Der Bezirksbeirat Stammheim fordert den Oberbürgermeister und den Baubürgermeister auf, die Anliegen der Stammheimer Einwohner bei der Stadt Kornwestheim auf oberster Ebene mit Nachdruck zu vertreten – unabhängig davon, ob das Vorgehen der Stadt Kornwestheim rechtlich zu beanstanden ist oder nicht“, heißt es in dem Beschluss, den die Stammheimer in ihrer jüngsten Sitzung mit zehn Ja-Stimmen beschlossen haben. „Weil in nachbarschaftlichen Beziehungen Rücksichtnahme, auch über rechtliche Verpflichtungen hinaus, ein hohes und erstrebenswertes Gut ist“, heißt es in dem Schreiben weiter. Bei diesen Gesprächen müsse erreicht werden, dass die schon jetzt durch den Betrieb der Umschlaganlage belastete Bevölkerung nicht zusätzlich durch weiteren Lärm und Verkehr beeinträchtigt wird.

 

„Weiterhin erscheint dem Bezirksbeirat Stammheim das Vorgehen der Stadt Kornwestheim, bei der Bebauung zwei voneinander unabhängige Baugebiete auszuweisen, als rechtlich fragwürdig, da diese zusammengenommen ein Bau- beziehungsweise Gewerbegebiet darstellen werden.“ Hier wünschen sich die Lokalpolitiker mehr Einsatz als bisher und hoffen darauf, dass die Stadt gegebenenfalls gegen die Nachbarstadt vor Gericht zieht. Falls nicht, soll zumindest erklärt werden, warum Stuttgart in dieser Angelegenheit nicht tätig wird. In jedem Fall seien die Beiräte darüber „ausführlich zu informieren, ob zu diesem Verfahren eine Klageeinreichung seitens der Stadt Stuttgart erfolgen beziehungsweise nicht erfolgen kann“. Besorgnis löst bei den Beiräten auch ein Blick auf die weiter reichenden Pläne des Nachbarn auf. „Weitere angrenzende große Gewerbegebiete sind bereits im Flächennutzungsplan 2030 enthalten“, formuliert der Beirat in seinem Beschluss Diese sollten ebenfalls über die Bundesstraße 27A erschlossen werden. Daher fordert der Bezirksbeirat Stammheim, in den Gesprächen darauf hinzuwirken, dass seitens der Stadt Kornwestheim ein Gesamtverkehrskonzept auf der Basis von aktuellen Verkehrszahlen erstellt wird.

Aufteilung lässt höhere Lärmbelastung zu

Wie berichtet, plant die Stadt Kornwestheim in unmittelbarer Nähe zu Stammheim auf ihrer Gemarkung die Bebauung weiterer Gebiete. Während die Flächen von Kornwestheim getrennt voneinander überplant werden, handelt es sich aus Sicht der Stammheimer um eine räumlich zusammenhängende Fläche von 6,4 Hektar, die nur deshalb in zwei kleinere Flächen (Bereiche Sigelstraße und Containerbahnhof Süd) aufgeteilt wurden, um dadurch eine höhere Lärmbelastung zu ermöglichen. Der Vorwurf der Stammheimer Politiker lautet: „Eine Aufteilung in zwei Bebauungsgebiete erschließt sich nicht logisch, es sei denn man unterstellt, dass damit erreicht werden soll, dass bestimmte Lärmvorschriften nicht zur Anwendung gelangen, die bei einer Gesamtplanung für das Gebiet berücksichtigt werden müssten.“ Dieser Eindruck werde noch dadurch verstärkt, dass eine derzeit bereits vorhandene Wegeverbindung zwischen den beiden Gebieten für Fahrzeuge unterbrochen werden soll. Dies führe obendrein zu mehr Verkehr auf der B 27 A und der Kornwestheimer Straße und somit zu „weiteren gefährlichen Verkehrssituationen und zur Steigerung der Zahl an (schweren) Verkehrsunfällen sowie zu Dauerstau auf der jetzt schon zeitweise überlasteten Straße“. Ein Gesamtkonzept für den Verkehr sei nicht erkennbar, bemerken die Bezirksbeiräte verärgert.

Stadt Stuttgart soll Klage prüfen

Das Gebiet „Sigelstraße“ sei im Flächennutzungsplan 2010 noch als Mischgebiet (Wohnen/Gewerbe) dargestellt. Tatsächlich werde es nun als ein Gewerbegebiet ausgewiesen, was für Stammheim eine deutliche Verschlechterung darstelle. „Ganz offensichtlich unternimmt die Stadt Kornwestheim bei der Information über das Baugebiet alles, um zu vermeiden, dass derjenige, welcher sich nicht intensiv mit dem Vorhaben beschäftigt, erkennt, dass es sich um zwei nebeneinander liegende und derzeit miteinander verbundene Flächen handelt“, heißt es in der Begründung zum Antrag. „Der Bezirksbeirat kritisiert die Vorgehensweise der Stadt Kornwestheim insbesondere bezüglich der Bebauungspläne für die Flächen ‚Sigelstraße‘ und ‚Containerbahnhof Süd‘ scharf. Dabei verkennt er nicht, dass Bauleitpläne in den Verantwortungsbereich der jeweiligen Gemeinde fallen.“ Offen bleibe, ob die Vorgehensweise der Stadt Kornwestheim so rechtlich korrekt sei. „Eine Überprüfung und gegebenenfalls Klageeinreichung ist angebracht.“ Unabhängig von einer rechtlichen Beurteilung des Vorgehens der Stadt Kornwestheim sei es für den Bezirksbeirat nicht nachzuvollziehen, „dass hier ein Baugebiet für den Logistiksektor weit weg von jeglicher Kornwestheimer Wohnbebauung aber in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung von Stammheim (Entfernung zur Wohnbebauung 90 bis 150 Meter) geplant wird.“

Während die Bewohner von Kornwestheim vor Lärm und Verkehr geschützt würden, werde der Wohnbevölkerung von Stammheim beides aufgebürdet. „Die Stadt Kornwestheim genießt die Vorteile der Gewerbesteuereinnahmen; aus Stuttgarter Sicht gibt es ausschließlich Nachteile.“