Die Ebersbacher Stadtverwaltung hat sich zu einem Ballspielverbot auf einem Schulhof hinreißen lassen. Erst im zweiten Anlauf hat sich der Gemeinderat durchgesetzt.

Region: Corinna Meinke (com)

Ebersbach - Um die Nerven der Anwohner zu schonen, scheut die Ebersbacher Stadtverwaltung weder Kosten noch Mühe. Jetzt sollen spezielle Weichschaumbälle angeschafft werden, damit Kinder im Stadtgebiet kicken können, ohne die Anlieger über Gebühr mit Prallgeräuschen zu belästigen. Im konkreten Fall handelt es sich um kickfreudige Jungs, die sich nachmittags auf dem Schulhof der Marktschule sportlich betätigen. Weil es beim Bolzen offenbar laut zugeht, hatte der zuständige Ausschuss des Gemeinderats das Ballspielen dort kurzerhand sogar komplett verboten. Jetzt hob das Gremium die umstrittene Entscheidung auf.

 

Verwaltung hatte Ballspiel-Verbot vorgeschlagen

Auf Drängen der Anwohner der Marktschule hatte sich die Ebersbacher Stadtverwaltung dazu hinreißen lassen, in einer neuen Benutzungsordnung für den Schulhof das Ballspielen dort komplett zu untersagen. Die Verbotsliste umfasst außerdem das Befahren mit Fahrrädern, Mofas und ähnlichen Gefährten sowie Lärm aus Radios, Fernsehern und Musikinstrumenten. Der Schulhof darf nicht von Hunden betreten werden, Feuer steht ebenfalls auf der Verbotsliste, und Alkohol ist auf dem Hof genauso tabu.

An Sonn- und Feiertagen ist der Schulhof für Kinder tabu

Zum Spielen und Bewegen steht der Schulhof montags bis samstags in der Zeit von 14 bis 19 Uhr zur Verfügung, und während der Schulferien können sich die Kindern auch von neun bis 12 Uhr dort aufhalten. Die Spielgeräte auf dem Schulhof dürfen von Kindern bis zum Alter von zwölf Jahren benutzt werden, auch das legt die neue Regelung fest. An den Sonn- und Feiertagen ist das Spielen den ganzen Tag über nicht erlaubt – damit die Nachbarn nicht gestört werden.

Die Anlieger fühlen sich von fußballspielenden Kindern belästigt

Das generelle Ballspielverbot hatte die Stadtverwaltung in die Benutzungsordnung aufgenommen, nachdem es zu massiven Protesten von Anwohnern gekommen war. Vor allem durch die Geräusche fußballspielender Kinder fühlten sich die Anlieger schon seit Jahren beeinträchtigt, bestätigte der Hauptamtsleiter Günther Pfeiffer. Die Anlieger hätten neben der Verwaltung auch das Gespräch mit den Fraktionen gesucht, daraufhin habe man den Passus in die neue Benutzungsordnung aufgenommen, erklärte Pfeiffer.

Hauptamtsleiter und Gemeinderat finden Kompromiss

Das Verbot wurde Anfang Mai bei einer Abstimmung im zuständigen Ausschuss des Gemeinderats gebilligt. Allerdings fiel die Abstimmung mit Stimmengleichheit denkbar knapp aus. Damals war die SPD mit ihrem Antrag gescheitert, das Ballspielen in zeitlich begrenztem Rahmen zu gestatten. Vier Wochen später kam es zu einem Kompromiss. Der Hauptamtsleiter, Pfeiffer, dem das drohende Verbot wohl selbst ein Dorn im Auge war, bereitete einen Kompromissvorschlag vor, auf den sich der Rat mit nur einer Enthaltung einließ: Das Ballspielverbot wird ausgesetzt, aber künftig darf nur noch mit Softbällen auf dem Schulhof gekickt werden. Diese Bälle, die von einer so genannten Elefantenhaut umgeben sind, verursachen weniger Prallgeräusche als die üblichen Lederbälle. Die Kinder können sich die Bälle bei der Verwaltung ausleihen, und der Hauptamtsleiter will sich höchstpersönlich um die Einhaltung der Regeln durch die Buben kümmern, für die er sich einsetzt.

Kommentar

Kinder ohne Lobby

Regelungswut. Eine Stadt ohne lärmende Kinder ist eine tote Stadt. Ebersbach muss dringend mehr Spiel- und Bolzplätze ausweisen.Corinna Meinke

Seit Juni 2011 wird Kinderlärm bundesweit gesetzlich klar von Lärm durch Verkehr, Industrie und Baustellen unterschieden, so steht es im Bundesimmissionsschutzgesetz, das auch in Ebersbach gilt. Umso ärgerlicher ist, dass sich die dortige Stadtverwaltung zu einem generellen Ballspielverbot auf einem Schulhof in den Nachmittagsstunden hinreißen ließ, nachdem die Anlieger massiv gegen fußballspielende Kinder bei der Marktschule protestiert hatten.

In letzter Minute haben die Ebersbacher Gemeinderäte noch ein Eigentor verhindern können, nachdem der zuständige Ausschuss angesichts eines Stimmenpatts das Verbot bei der Marktschule zunächst nicht hatte aufhalten können. Der Vorschlag der Stadtverwaltung war eine Steilvorlage für alle, die in ihrer Regelungswut gerne auch noch den letzten Kinderjuchzer reglementieren würden.

Die neue Benutzungsordnung für den Marktschulhof mit Eingrenzung der Spielzeit auf 14 bis 19 Uhr bietet einen ausreichenden Schutz für die Anlieger. Machen darüber hinaus Jugendliche abends zu viel Lärm, sollten Nachtwanderer als Vermittler auftreten. In Ebersbach fehlt eine Lobby für spielende bolzende Kinder. Im Alleenpark sind sie ebenfalls nicht gern gesehen, und der geschlossene Spielplatz in der Wilhelmstraße eignet sich künftig nur noch für die Kleinsten. Der Platz am Jugendhaus reicht nicht aus für alle Kinder, die von anderen Plätzen vertrieben worden sind.