AfD-Bundesparteitag in Kalkar Die AfD und die Corona-Krise
Anfangs hat die Partei den Maßnahmen der Bundesregierung zugestimmt, jetzt sucht sie zunehmend die Nähe zu den sogenannten Querdenkern.
Anfangs hat die Partei den Maßnahmen der Bundesregierung zugestimmt, jetzt sucht sie zunehmend die Nähe zu den sogenannten Querdenkern.
Berlin - Lange hat die AfD in der Corona-Krise nach ihrem Kurs gesucht. Kurz nach Beginn der Pandemie sackte die Partei in den Umfragen unter die Zehn-Prozent-Marke. Die Wucht der Krise war groß, die Unterstützung in der Bevölkerung für die Infektionsschutzmaßnahmen breit, und so nahm die Aufmerksamkeit für die AfD spürbar ab. Zu bemerken war das beispielsweise auf den für die Partei wichtigen sozialen Plattformen im Internet.
Die Fraktion stimmte zu Beginn mit für die Maßnahmen der Bundesregierung, und Parteichef Tino Chrupalla, der jetzt zu den Gegnern der Maskenpflicht gehört, setzte sich noch im Frühjahr dafür ein. Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte die Regierung eher dafür, zu wenig zu tun. Die Partei verließ den Kurs der Fundamentalopposition. Ein Grund dafür war auch, dass die Anhängerschaft sich beim Thema Corona gespalten zeigte – ungewöhnlich hoch war an der Basis die Zustimmung für die Regierungsmaßnahmen. Zusammenstehen sei jetzt erste Bürgerpflicht, sagte Fraktionschef Alexander Gauland damals. Ende Oktober klang das anders. Eine „Corona-Diktatur auf Widerruf“ warf der Oppositionsführer der Bundesregierung da vor. Mit dem Vorwurf, die Regierung handele diktatorisch, und der Behauptung, die AfD sei die einzige Partei, die Alternativen anbiete, wendet die Partei nun also die Strategie an, die schon aus dem Flüchtlingssommer 2015 bekannt ist.
Zunehmend sucht die Partei die Nähe zu den Protesten der sogenannten Querdenker. So finden sich zunehmend die Vokabeln und Codewörter der Protestszene in Reden von Abgeordneten. Gauland sprach in der Debatte zum Infektionsschutzgesetz von einer „nahenden smarten Gesundheitsdiktatur“. Der Abgeordnete Karsten Hilse präsentierte sich am Rednerpult mit einem „Querdenken“-T-Shirt. Ganz bewusst störte die Fraktion die Debatte zum Infektionsschutzgesetz und stellte Plakate auf etliche Sitze, auf denen das Grundgesetz mit einem Trauerflor versehen war. Mehr Aufmerksamkeit bekam an diesem Tag der Skandal um mehrere rechte Blogger und Youtuber, die von drei AfD-Abgeordneten in den Bundestag eingeladen worden waren und dort Parlamentarier und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bedrängten und zum Teil beleidigten. Die Aktion verursachte auch bei AfD-Abgeordneten Entsetzen.
Manche derer, die sich als gemäßigt verstehen, fürchten, mit solchen Provokationen eher Wähler zu vergraulen. Draußen eskalierte derweil der Protest radikaler Kritiker der Corona-Politik mit ihrer Falscherzählung eines angeblichen „Ermächtigungsgesetzes“. Auch hier waren AfD-Parlamentarier präsenter denn je. Der Abgeordnete Hansjörg Müller hielt eine Rede, in der er die aktuelle Lage mit 1933 verglich, als „am Volk vorbei ein totalitäres System errichtet“ worden sei. Zum ersten Mal hatten sich Abgeordnete Ende August unter die Teilnehmer einer „Querdenken“-Großdemonstration in Berlin gemischt. Während radikal rechte Politiker wie Björn Höcke schon damals zum Protest aufriefen, sieht beispielsweise der Parteichef Jörg Meuthen die Szene kritisch.
Der Protest aus der Straße ist vor allem für die radikaleren Teile der Partei interessant, die die AfD als „Bewegungspartei“ sehen. Auch hier lässt sich eine Parallele zur Flüchtlingskrise ziehen, wo sich führende Parteimitglieder an den Pegida-Demonstrationen beteiligten.