Der Fall Gedeon wird in der AfD zur Grundsatzfrage. Welchen Kurs will die junge Partei nehmen? Ihr Frontmann Meuthen meint, eine Duldung antisemitischer Positionen verschrecke bürgerliche Wähler.

Stuttgart - AfD-Landtagsfraktionschef Jörg Meuthen hat seine Partei wegen antisemitischer Äußerungen vor einer möglichen Beobachtung durch den Verfassungsschutz gewarnt. Die Fraktion setze sich diesem Risiko aus, wenn sie das Mitglied Wolfgang Gedeon nicht ausschließe, sagte Meuthen in einer Videobotschaft. Gedeon vertrete eindeutig antisemitische Positionen.

 

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft Konstanz reichen die bisher öffentlich gewordenen Äußerungen des AfD-Politikers Gedeon für eine strafbare Volksverhetzung nicht aus. Es gebe daher auch kein Verfahren gegen ihn. „Wir haben das aber im Blick“, sagte ein Sprecher der Behörde am Freitag. Aktuell lägen keine Anzeigen gegen Gedeon vor - der Politiker steht wegen antisemitischer Äußerungen in einem Buch in der Kritik.

Im Zusammenhang mit dem Holocaust hatte Gedeon von „gewissen Schandtaten“ geschrieben. Meuthen hatte gedroht, sein Amt abzugeben, falls die für den Rauswurf Gedeons notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zustande kommt. Am Dienstag (21. Juni) will die Fraktion über den Ausschluss entscheiden.

Zurzeit nicht unter Beobachtung

Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet nach eigenen Angaben Parteien nur, wenn es Anhaltspunkte gibt für eine organisierte Willensbildung gegen die Verfassung. Es gehe nicht um einzelne Äußerungen, sondern um extremistische Bestrebungen einer Partei, ein Gesamtbild, erläuterte ein Sprecher. Die AfD ist derzeit kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschützer.

„Es ist praktisch sicher, dass wir, wenn wir hier nicht handeln, künftig unter die Beobachtung des Verfassungsschutzes gestellt würden“, sagte Meuthen. „Menschen aus der bürgerlichen Mitte, die wir für unser Projekt AfD doch gewinnen wollen, werden sich gewiss nicht einer Partei anschließen, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht“, warnte Meuthen in der Videobotschaft.

Der AfD-Bundesvorstand hatte dem Landesvorstand nahegelegt, ein Parteiausschlussverfahren beim Landesschiedsgericht anzustrengen. Beobachter gehen davon aus, dass die dafür notwendige einfache Mehrheit im 13-köpfigen Landesvorstand zustande kommt.

Gedeon verweigert freiwilligen Abgang

Gedeon, der auch Vorsitzender der AfD-Kreisverbandes Konstanz ist, weigert sich, von selbst die Fraktion zu verlassen. Zum Ausgang der Abstimmung seiner Fraktion über sein politisches Schicksal teilte er auf seiner Internet-Seite mit: „Die Aussichten sind gut, allerdings wird von verschiedener Seite ein unheimlicher Druck auf einige Abgeordnete ausgeübt. Ich hoffe, dass alle so entscheiden, wie sie wirklich denken.“

Für Meuthen, der auch die Bundespartei gemeinsam mit Frauke Petry führt, ist der Umgang mit dem Fall auch von grundsätzlicher Bedeutung: „Dies ist der Lackmustest für unsere parlamentarische Arbeit und Existenz für die kommenden Jahre, und er ist das weit über Baden-Württemberg hinaus.“