Die AfD sucht bei der am Mittag beginnenden Demo in Stuttgart den Schulterschluss mit der Gelbwesten-Bewegung, die derzeit Frankreich in Atem hält. Der Veranstalter sieht darin keinen Aufruf zu gewalttätigem Protest. Die Polizei warnt vor Verkehrsbehinderungen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Das Lieblingsfeindbild der AfD ist die Antifa. Bei Ausschreitungen, an denen Personen aus dem politisch linken Spektrum beteiligt sind, lässt die AfD selten eine Gelegenheit aus, um mit dem Finger darauf zu zeigen und auf die Gewaltbereitschaft in diesen Kreisen hinzuweisen. Umso mehr irritiert jetzt, dass die AfD für die bevorstehende Demo gegen den Migrationspakt am Samstag um 14 Uhr auf dem Kronprinzplatz in Stuttgart ausgerechnet mit Gelbwesten wirbt – dem Symbol jener Bewegung, die ganz Frankreich gerade in Atem hält. Die Beteiligten liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei, die den Hamburger G20-Gipfel aussehen lassen wie eine Kaffeefahrt. Es gab auch Tote.

 

Der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple, der die Demo gegen den Migrationspakt angemeldet hat, bestätigt, dass die gelben Westen das Gesamt-Bild der Demo nach französischem Vorbild prägen sollen. „Wir wollen damit unsere grundsätzliche Regierungskritik ausdrücken“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Das Tragen gelber Westen sei aber kein Pflicht. Wer keine gelbe Weste hat, für den habe Räpple noch rund 20 Stück übrig, die er ausgeben wolle.

Trotz der offenkundigen Gewaltbereitschaft der Gelbwesten in Frankreich will Räpple die gelben Westen bei seiner Veranstaltung nicht als Gewaltaufruf gewertet wissen. „Unsere Demo wird friedlich und gewaltfrei stattfinden“, sagt Räpple. Für den Teil der Demonstranten in Frankreich, der gewalttätig ist, habe der AfD-Abgeordnete kein Verständnis.

Politisch um Deutungshoheit der Gelbwesten gerungen

Die Polizei weiß aktuell noch nicht, wie sie die gelben Westen bei den Protesten in Stuttgart einschätzen soll. Prinzipiell sei das Tragen von gelben Westen kein Problem, heißt es von der Stadtverwaltung. Bekleidung wie diese zähle nicht in die Kategorie von Demonstrationsmitteln und müsse darum auch nicht angemeldet werden.

Politisch wird nicht nur in Frankreich um die Deutungshoheit der Gelbwesten gerungen. Die AfD hatte das Gelbwesten-Prinzip bereits am vergangenen Sonntag bei einer Kundgebung in Berlin vor dem Brandenburger Tor erprobt. Auch die Linkspartei in Deutschland würde zumindest zum Teil gerne an der Aufmerksamkeit der Gelbwesten partizipieren – während die Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht Verständnis für das Vorgehen der Gelbwesten zeigt, findet der Parteivorsitzende Bernd Riexinger Teile der Bewegung „besorgniserregend.“ Intellektuelle wie Daniel Cohn-Bendit warnen, sich von linken Revolutionsfantasien verleiten zu lassen.

Gegen die AfD-Demo, zu der etwa 500 Demonstranten erwartet werden, hat sich massiver Gegenprotest angekündigt. Allein auf der größten der zahlreichen Gegenkundgebungen auf dem Rotebühlplatz, die bereits um 12.30 Uhr begonnen hat, sollen 600 Personen kommen. Der ursprüngliche Plan der AfD, einen Demozug durch die Innenstadt zu veranstalten, wurde nach Gesprächen mit den Behörden verworfen. So dürfte es für die Polizei einfacher werden, die Veranstaltung zu sichern. Sie warnt derweil wegen Verkehrsbehinderungen um die Austragungsorte des politischen Konflikts und empfiehlt darum die Innenstadt ab 14 Uhr nicht mehr mit dem Auto zu besuchen.