Während die Delegierten bei Meuthens Rede mehrfach aufstehen, tippt Petry auf ihrem Handy und blickt kaum auf. Meuthen hat sich zu einer Generalabrechnung mit Petry entschieden. Obwohl ihre Programmänderung längst für gegenstandslos erklärt worden ist, tritt er nach. Petrys Trennung zwischen Realpolitik und Fundamentalopposition sei eine trügerische Wahrnehmung, sagt er. „Diese Debatten helfen uns nicht weiter.“ Seine Kontrahentin hört regungslos zu. Es ist wohl der Moment der größten Demütigung.

 

Wie enttäuscht sie darüber ist, macht sie wenig später vor Kameras und Mikrofonen klar. Sie halte das für eine folgenschwere Entscheidung, sagt sie. „Ich glaube, dass die Partei einen Fehler macht.“ In den nächsten Monaten werde sie sich die Partei genau anschauen. Sie wolle sich vorerst zurückhalten. Das Spitzenteam müsse nun sehen, wie es mit der „Nicht-Entscheidung des Parteitags“ umgeht. Daraus lässt sich ableiten, dass sie zunächst ins zweite Glied tritt. Petry will noch nicht hinschmeißen. Die Distanzierung ist aber unübersehbar.

Die Mitglieder debattieren lieber über Inhalte als über Posten

Für die AfD-Delegierten ist die Welt dennoch in Ordnung. Stolz sind sie, dass sie über zahllose Stunden hinweg hingebungsvoll über das Wahlprogramm debattieren. Obwohl mehrere Mitglieder darauf drängen, die Wahl des Spitzenteams vorzuziehen, wollen die Delegierten darüber erst gegen Ende des Parteitags sprechen. „Wir reden lieber über Inhalte anstatt über Posten“, sagt ein Delegierter. Schließlich wird doch noch ein Spitzenteam bestimmt: Mit 67 Prozent Zustimmung werden Gauland und die baden-württembergische Spitzenkandidatin Alice Weidel gewählt. Sie sollen die AfD nach außen vertreten – Gauland als Vertreter des deutschnationalen Flügels und die Unternehmensberaterin Weidel, die den liberal-konservativen Wirtschaftsflügel vertritt. Weidel ist schon baden-württembergische Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl. Die junge Frau ist eine der letzten bekannten Wortführer des Wirtschaftsflügels. Bei ihrer Vorstellung nach der Wahl zeigt sie, dass sie auch polarisieren kann. Dass Weihnachtsmärkte mit Maschinenpistolen und Lkw-Sperren gesichert werden müssten, bezeichnet sie als einen Skandal.

Am Ende versucht es Gauland mit einem Appell an die Eintracht. Er spricht von einem erfolgreichen Parteitag. An Petry gewandt fügt er hinzu: „Ich weiß, dass sie gestern einen schweren Tag hatte.“ Die AfD brauche Frauke Petry. Die Delegierten erheben sich und stimmen in lautstarke Frauke-Frauke-Rufe ein. Sie feiern die Parteichefin noch einmal. Wenigstens für einen kurzen Moment.