Der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke hat bereits Hausverbot. Jetzt ließ die Gedenkstätte Buchenwald sämtliche Gesinnungsgenossen wissen, dass sie dort nicht willkommen sind – eine heikle Kollektivstrafe.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Jedem das Seine“ ist am Torgitter des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald zu lesen. Die aus Stahl geschmiedeten Buchstaben sind eine eherne Mahnung an die menschenverachtende Häme, mit der Nazis ihre Gefangenen der Zwangsarbeit, der Folter, medizinischen Experimenten und dem Tod entgegen trieben. „Jedem das Seine“ sollte dann heißen: Sie hätten es nicht besser verdient. 280 000 wurden in das Lager Buchenwald verschleppt, 56 000 kamen darin um.

 

„Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick“, notierte der US-General Dwight D. Eisenhower, als amerikanische Truppen im April 1945 das Lager befreiten. Elf Kränze und zahllose rote Rosen erinnern am Freitagnachmittag an jenen historischen Moment, an die Gräueltaten und an die Opfer von Buchenwald. Die Kränze liegen im Schnee. Die Bedingungen, unter denen die Gedenkstunde verläuft, sind garstig, was nicht nur am Wetter und am Frost liegt. Auf dem Gelände der Gedenkstätte sind nicht alle willkommen.

Höcke schwadroniert von „dämlicher Bewältigungspolitik“

Das hatte die Stiftung, die das Memorial betreut, am Tag zuvor Politiker der AfD wissen lassen. Schon vor zwei Jahren erteilte sie dem Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, Björn Höcke, ein Hausverbot. Nun trifft es auch seine Gesinnungsgenossen.

Auf Höckes geschichtsklitternde Rede in Dresden wird dabei ausdrücklich verwiesen. Der AfD-Rechtsaußen hatte im Januar 2017 mit Blick auf das Gedenken an die Opfer des NS-Terrors von „dämlicher Bewältigungspolitik“ gesprochen und eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert. Solche Ansichten seien in der AfD längst salonfähig, kritisiert die Stiftung Buchenwald Memorial. In einer Erklärung zum AfD-Bann heißt es: „Inzwischen haben die Positionen der Thüringer AfD, die mit den völkischen Argumentationsmustern der neuen Rechten eng verbunden sind, einen festen Platz in der Partei über Thüringen hinaus.“ AfD-Anhänger dürfen sich geächtet fühlen, „solange sie sich nicht glaubhaft von den antidemokratischen, menschenrechtsfeindlichen und geschichtsrevisionistischen Positionen in ihrer Partei distanzieren.“

Versuch, die Erinnerungskuktur zu kapern

Nun war kaum zu erwarten, dass AfD-Mitglieder sich an diesem Freitag in die Kälte stellen, um Nazi-Opfer zu betrauern. Bei anderen Gelegenheiten haben einzelne von ihnen schon zu erkennen gegeben, wie sie die Erinnerungskultur zu kapern gedenken. So wollte der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, ein Vertrauter Höckes, ausgerechnet am 8. August 2018 Buchenwald besuchen. Die Ziffern dieses Datums gelten in rechten Kreisen als Reverenz an Hitler, da H der achte Buchstabe im Alphabeth ist.

Heikel ist der pauschale Bann gegen die AfD gleichwohl. Schließlich sind kollektive Sanktionen ein Spezifikum totalitärer Systeme und deshalb verpönt. Die Stiftung bekommt viel Beifall in sozialen Netzwerken, aber auch vereinzelte hämische Kommentare: „Erinnert mich an das braune Deutschland, wo man die Juden auch so über einen Kamm geschoren hat“, schreibt einer. Eine andere Stimme bedauert, dass es einer Rechtfertigung bedürfe, wenn „würdelose Lügner und Relativierer draußen bleiben“ müssten.