AfD und ABW im baden-württembergischen Landtag verlangen einen Untersuchungsausschuss zum Linksextremismus. Nicht mit uns, sagen die anderen Fraktionen. Sie wittern einen Rechtsmissbrauch.

Stuttgart - Im Plenarsaal des Landtags sitzen sie wieder einträchtig beieinander: die zwei Fraktionschefs Jörg Meuthen und Heiner Merz. Der eine führt die ABW-Fraktion, der andere die AfD-Fraktion. „Alternative für Baden-Württemberg“ nennt sich die Meuthen-Schar seit der Abspaltung von der „Alternative für Deutschland“, deren verbliebene Abgeordnete sich um Merz scharen. Im Frühsommer war es im Streit um die antisemitischen Einlassungen des inzwischen fraktionslosen AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon zur Scheidung gekommen. Es folgten hässliche Szenen, im Parlament ging man getrennte Wege, alle aber blieben Mitglied der AfD.

 

Inzwischen ist man sich wieder nah, die beiden „AfD-Zwillinge“, wie es am Mittwoch im Landtag spöttisch hieß, wollen fusionieren. Und dies schon sehr bald, wie Meuthen am Rande der Plenarsitzung am Mittwoch sagte. Der gemeinsame neue Fraktionsvorstand ist bereits gewählt – Meuthen wird wie schon vor der Trennung an der Spitze stehen. In der Zeit dazwischen aber nutzten die AfD-Abgeordneten die Gelegenheit, um einen Untersuchungsausschuss zum Thema Linksextremismus zu beantragen. Und auch eine Enquetekommission zum Islamismus soll noch rasch auf den Weg gebracht werden.

Zwei Fraktionen einer Partei – das geht nicht, sagt die FDP

Da machen die anderen Fraktionen allerdings nicht mit. Sie werfen den ABW/AfD-Abgeordneten Rechtsmissbrauch vor. Deshalb verweigerten sie auch die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zum Linksextremismus, vielmehr verwiesen sie den Antrag an den Ständigen Ausschuss. Dessen Vorsitzender Stefan Scheffold (CDU) kündigte an, ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben. Der Vorwurf an ABW und AfD lautet, die beiden Fraktionen missbrauchten das parlamentarische Minderheitenrecht.

Die CDU-Abgeordnete Nicole Razavi sagte, ABW/AfD versuche, sich für ihren Antrag eine Rechtsstellung zunutze zu machen, die sie mit der „längst beschlossenen Fraktionsfusion doch eigentlich überwinden“ wolle. Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist nach der Rechtslage die Unterstützung eines Viertels der Landtagsabgeordneten erforderlich. Diese Hürde schaffen AfD und ABW nicht. Allerdings ist ein Untersuchungsausschuss auch dann einzusetzen, wenn er von zwei Fraktionen beantragt wird. Diese Regelung war während der großen Koalition 1992 bis 1996 getroffen worden, um die damalige, recht schmale Opposition überhaupt erst in die Lage zu versetzen, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen.

Doch gemeint war damit, so der Grünen-Abgeordnete Hans-Ulrich Sckerl, „dass es sich um zwei Fraktionen unterschiedlicher Parteien handeln muss“. Ulrich Goll von der FDP bemühte den Begriff des „ungeschriebenen Verfassungsrechts“. Die Mitglieder einer Partei könnten immer nur eine Fraktion bilden, nicht zwei oder gar noch mehr Fraktionen. „Das ist so selbstverständlich, dass es nirgendwo steht“, sagte Goll. Dieser Grundsatz sei „Bestandteil unserer Rechtsordnung“. Aus diesem Grund bezeichnete es der frühere Justizminister als Fehler, dass Landtagspräsidentin Muhterem Aras die ABW sowie die AfD überhaupt als eigenständige Fraktionen anerkannt hatte. Die Grünen-Politikerin Aras konnte sich dabei allerdings auf ein Gutachten dreier renommierter Staatsrechtler stützen.

„Mitschuld an allen künftigen Verbrechen“

Die AfD-Abgeordnete Christina Baum hielt den Antragsgegnern vor: „Sie tragen eine Mitschuld an allen zukünftigen Verbrechen, wenn Sie sich diesem längst überfälligen Untersuchungsausschuss verweigern.“ Grüne und SPD hätten keine Probleme damit, Bündnisse mit als linksextremistisch eingestuften Gruppen zu schmieden, und die CDU sei bereit, „für ein bisschen Regierungsbeteiligung ihre Prinzipien zu verraten“. Es gehe darum, Verbindungen zwischen linksextremistischen Organisationen, staatlichen Stellen, den Kirchen, Parteien und Gewerkschaften aufzudecken. Der ABW-Mann Thomas Axel Palka sagte: „Wer nichts zu befürchten hat, kann doch jeder Untersuchung gelassen entgegen sehen.“

Sascha Binder von der SPD widersprach: Es habe nicht der AfD bedurft, um dem Linksextremismus entgegenzutreten. Hans-Ulrich Sckerl warf ABW und AfD vor, es gehe ihnen nur um Provokation. „Wir haben diese Possen, Vorführaktionen und das Theater schlicht und einfach satt.“