Es muss ein Hauen und Stechen gewesen sein hinter verschlossenen Türen. Doch dann rauften sich die beiden zerstrittenen Fraktionsteile wieder zusammen: AfD und ABW wollen demnächst wieder fusionieren.

Titisee-Neustadt - Am Titisee genießen Touristen einen der letzten Spätsommertage. Sie flanieren durch die Fußgängerzone, plündern Shops, und die eine oder andere Kuckucksuhr wechselt den Besitzer. Und natürlich genießen viele Gäste auch schlicht den dunkelgrün schimmernden See im Herzen des Schwarzwalds.

 

Im Hotel Maritim, in Bestlage direkt am Ufer, tagen derweil die beiden zerstrittenen Landtagsfraktionen der AfD. Was bis zum Mittwochmittag von der auf drei Tage angesetzten Klausur bruchstückhaft nach draußen dringt, klingt aber alles Andere als vergnüglich. Immer wieder heißt es, die Gespräche, die das Zerwürfnis beenden sollen, seien unterbrochen oder gar gescheitert. Doch dann geht es doch wieder weiter, werden doch wieder Personaltableaus für die zu vereinende Fraktion durchgestochen, nur um kurze Zeit später aufs Neue dementiert zu werden.

Es muss ein Hauen und Stechen sein hinter verschlossenen Türen. Es geht um Gesichtswahrung und darum, wer künftig das Sagen hat in der Landtags-AfD. Die 22 Abgeordneten mit AfD-Parteibuch haben eine wochenlange Mediation über sich ergehen lassen, um die Spaltung ihrer Fraktion zu überwinden. 14 gehören dem Lager um Jörg Meuthen an, acht der Rest-Fraktion mit Heiner Merz an der Spitze. Sie wollen, sie müssen sich wieder vereinen, das fordert die Basis vehement, der Bundesvorstand ebenfalls. In Titisee sind die Südwest-AfDler nun zum Erfolg verdammt.

Botschaft mit gequältem Lächeln

Dann, gegen 16 Uhr, ist es vollbracht. Jörg Meuthen und Emil Sänze, bisher Vize-Chef der Rest-Fraktion, treten ins gleißende Licht vor dem Hotel. Dessen Leitung scheint peinlich bemüht, die wenigen dort wartenden Journalisten vom Haus fernzuhalten. Man wolle den Gästen den Rummel ersparen, sagt die Direktionsassistentin.

Sänze wirkt sommerlich entspannt. Meuthen dagegen sind die Strapazen deutlich anzusehen. Er muss sich zu einem Lächeln zwingen, als er die Botschaft verkündet. Die AfD sei eine Zeit lang mit sich selbst beschäftigt gewesen, „aufgrund der bekannten Querelen“, sagt Meuthen. Dann fügt er pathetisch hinzu: „Der Geist, der von Titisee ausgeht, ist, dass das nun überwunden ist. Wir finden gemeinsam zurück zu einer kraftvoller Oppositionsarbeit im Landtag von Baden-Württemberg.“

Sänze findet eine schlichtere Formel: „Die Botschaft ist – mit uns ist wieder zu rechnen.“ Der Rottweiler grinst breit und scheint mit sich zufrieden. Beide AfD-Politiker sprechen von ersten, aber wichtigen Schritten auf dem Weg zu einer wieder vereinten Fraktion. Gemeint sind damit Personalentscheidungen. Man habe „in gutem, paritätischem Geist“ eine kommissarische sechsköpfige Führung gewählt, erklärt Meuthen. Die beiden aktuellen AfD-Fraktionen seien mit je drei Abgesandten vertreten. Dazu zähle auch er selbst, als künftiger Fraktionschef.

Nicht einstimmig, aber gewählt

Wie viele der 22 möglichen Stimmen er erhalten hat, will Meuthen nicht sagen. Darüber habe man Stillschweigen vereinbart. Nur so viel will der Wirtschaftsprofessor aus Kehl, der nicht nur an der Spitze der Landes-AfD steht, sondern gemeinsam mit seiner Parteifeindin Frauke Petry auch die Bundespartei führt, verraten: „In der AfD haben einstimmige Wahlergebnisse keine große Tradition, dennoch war ich mit meinem Ergebnis außerordentlich zufrieden.“

Das soll frech klingen, und erinnert denn auch fast schon wieder an den alten Jörg Meuthen.