AfD Verbote allein retten Demokratie nicht
Die AfD verbieten? Das ist ein frommer Wunsch. Die rechtsextreme Partei ist nur politisch zu besiegen, meint StZ-Autor Armin Käfer.
Die AfD verbieten? Das ist ein frommer Wunsch. Die rechtsextreme Partei ist nur politisch zu besiegen, meint StZ-Autor Armin Käfer.
Eines gleich vorweg: Demokraten, die es mit den Werten des Grundgesetzes ernst meinen, werden viele Gründe für ein AfD-Verbot einfallen. Dazu zählen die SA-Phrasen des Thüringer Provinzführers Björn Höcke, die Kumpanei mit Neonazis, die rassistische Hetze in einschlägigen Echokammern asozialer Netzwerke. Argumente für ein Verbot finden sich in Hülle und Fülle auf den 1108 Seiten der Expertise des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Sie muss vorerst aber in der Schublade verbleiben, bis gerichtsfest geklärt ist, ob die AfD es dulden muss, den Stempel „komplett rechtsextrem“ verpasst zu bekommen.
Selbst wenn es so kommt: Die Partei wäre damit nicht automatisch zum Verbot bestimmt. Denn darüber entscheidet allein das Bundesverfassungsgericht. Viele reden nun so, als wäre das Gutachten der Verfassungsschützer eine Art Attest, das die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens verlässlich bescheinigt, gar für sich schon ein hinreichender Verbotsgrund. Doch dem ist mitnichten so.
Das ist kein Plädoyer für eine Kapitulation vor der rechtsextremistischen Unkultur – allerdings für ein nüchternes Abwägen von Nutzen und Risiken eines Verbotsverfahrens. Ein solches Verfahren würde nach Ansicht von Experten gut und gerne drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Glaubt irgendjemand, allein der Verbotsantrag würde der AfD schaden? Im Gegenteil: für sie wäre das so etwas wie ein Konjunkturprogramm.
Die rechtsextreme Partei könnte sich in einer Opferrolle als verfolgte „wahre Opposition“ inszenieren. Das Vorgehen der von der politischen Konkurrenz beherrschten Staatsorgane ließe sich als Ausgrenzung unliebsamer Wähler schmähen. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat es auf den Punkt gebracht: „Mein Bauchgefühl würde der Partei das Verbot herzlich gönnen“, sagt er, warnt aber vor unliebsamen Nebenfolgen. Die Polarisierung der Gesellschaft würde zunehmen, manche würden wohl erst recht radikalisiert – das, so Gauck, „wäre schädlich“.
Nur wenige Demokratien kennen überhaupt Parteiverbote, wie sie in Deutschland möglich sind. Sie werden stets mit den übelsten Kapiteln unserer Geschichte begründet. Doch die Weimarer Republik ist nicht allein deshalb gescheitert, weil Hitlers Partei von einem dauerhaften Verbot verschont geblieben ist – sondern weil es nicht genügend Demokraten gab, die sich ihr entgegen gestellt haben. Mit schlichter Verbotspolitik ist ein Rechtsstaat nicht zu retten.
Bei einem Parteiverbot handelt es sich um das schärfste Schwert einer wehrhaften Demokratie – und zudem um ein zweischneidiges. Es richtet womöglich mehr Unheil an, als es nützt. Demokratien müssen auf die Kraft der Überzeugung vertrauen. Es schadet ihnen auch, wenn überzeugte Demokraten schon in Verdacht geraten, mit Rechtsextremisten zu sympathisieren oder ihnen eine Art von Absolution zu gewähren, wenn sie sich gegen ein Verbot aussprechen.
Letztlich sind Extremisten nur politisch zu bekämpfen. Wer allein auf ein Verbot setzt, hat den Kampf um das bessere Argument schon aufgegeben. Die demokratischen Kräfte müssen Wähler der AfD zurückgewinnen, indem sie deren Probleme ernst nehmen und rechtsstaatlich praktikable Lösungen anbieten. Sie dürfen darüber nicht nur schwadronieren, sondern rasch in die Tat umsetzen, was geboten ist.
Ein Feld, auf dem vordringlich Handlungsbedarf besteht, ist die Asylpolitik. Häufig wenden sich gerade jene, die ein AfD-Verbot für geboten halten, gegen konsequentes Handeln im Umgang mit irregulärer Migration. Das nützt nur denen, die ein Verbot verdient hätten.