Zur Demo gegen den Landesparteitag der Alternative für Deutschland im Waiblinger Bürgerzentrum kommen rund 200 Teilnehmer, weniger als erwartet. Dabei kommt es zu kleineren Scharmützeln.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Waiblingen - Samstagmorgen, kurz nach 8 Uhr. Waiblingen erwacht soeben erst aus dem Schlaf. In den Gassen der malerischen Altstadt sind nur ganz wenige Menschen unterwegs. Gleich nebenan indes, rund um das Bürgerzentrum, bereiten sich zwei Hundertschaften der Polizei auf ihren Einsatz vor. Das Gebäude ist mit Eisengittern hermetisch abgeriegelt. Alle paar Schritte steht oder geht ein Polizist. Auf dem Parkplatz vor dem Bürgerzentrum parken viele blaue Einsatzfahrzeuge.

 

Nach und nach trudeln knapp 300 Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) sowie ein paar Gäste zum Landesparteitag ein. Das Bürgerzentrum ist die gute Stube der Stadt. Dass sich die neue Rechtspartei, die bei den Landtagswahlen im März aus dem Stand auf gut 15 Prozent gekommen ist, ausgerechnet Waiblingen als Tagungsort ausgesucht hat, das gefällt vielen in der Stadt nicht. Ein Bündnis mehrerer Gruppierungen und Parteien hat zur Gegendemonstration aufgerufen.

Ein Mann flüchtet sich in Sarkasmus

Kurz vor 9 Uhr. Auf der Rückseite des Bürgerzentrums versammeln sich die Menschen, die gegen die AfD protestieren. Sobald sich ein Parteimitglied blicken lässt, rufen Mitglieder der Antifaschistischen Jugend lautstark: „Stoppt den Rechtsruck in der BRD“ oder „Haut ab, haut ab“. Manche schwenken Fahnen oder halten Transparente mit Slogans: „AfD ab nach Nordkorea, viel Spaß beim Nationalismus spielen“, „Rassismus führt zu Wahrnehmungsstörungen“, „Nicht meine Alternative“.

Im Bürgerzentrum werden die Parteimitglieder noch bis in den Abend hinein zusammensitzen. Der Vorsitzende der neuen Landtagsfraktion, Jörg Meuthen, wird eine Rede halten. Die Mitglieder der Fraktion wollen sich vorstellen.

Zu der Gegendemo beim Bürgerzentrum mit anschließendem Marsch durch die Innenstadt kommen weniger Teilnehmer als erwartet. Ein Mann flüchtet sich in Sarkasmus und sagt: „Für Waiblingen ist die Zahl doch überwältigend.“ Die Stadt hatte zunächst mit bis zu 500 Demonstranten gerechnet. Ein Sprecher der Polizei wird die Zahl später auf gut 200 schätzen.

Immer wieder ertönen die Haut-ab-Rufe

Andreas Hesky steht am Eingang zum Bürgerzentrum. Ein Demonstrant sagt: „Der ist auf der falschen Seite.“ Der OB kann den Mann ganz bestimmt nicht hören, er steht aber trotzdem wenige Minuten später auf der anderen Seite der Absperrung bei den Demonstranten. Eine Frau ruft dem OB zu: „Schön, dass Sie da sind.“ Auf die Frage, warum die Stadt der AfD das Bürgerzentrum denn vermiete, erklärt der Schultes, dass er nicht glücklich sei über den Parteitag in Waiblingen. Es sei aber schlicht nicht möglich, die AfD auszusperren.

Der erste von vielen Rednern schnappt sich das Mikrofon und ruft: „Rassisten sind in Waiblingen nicht willkommen.“ Applaus. Die Veranstalter der Demo behaupten, die Stadt habe die Demo unzulässigerweise nicht vor dem Bürgerzentrum, direkt an der Hauptstraße, zugelassen. Hesky erklärt dazu am Rande der Proteste, dass der Ort hinter dem Gebäude doch mit den Organisatoren angesprochen gewesen sei.

Immer wieder ertönen die Haut-ab-Rufe. Später versucht eine kleinere Gruppe, sich bis zum Parkplatz vor dem Bürgerzentrum durchzuschlagen. Sie wird aber von den Polizisten aufgehalten und zurück gedrängt. Nur ein kleines Scharmützel.

Tosender Applaus für Redebeiträge

Ein Vertreter von Amnesty International erklärt, dass die AfD die Menschenrechte ablehne. Die emotionalste Rede hält Alfonso Fazio von der Alternativen Liste Waiblingen. Der Stadtrat ruft so laut er kann: „Waiblingen ist eine weltoffene Stadt, und das wird sie auch bleiben.“ Waiblingen sei immer ausländerfreundlich gewesen. Mit Blick auf die AfD sagt Fazio: „Wir müssen den Anschlag auf das demokratische System verhindern“. In Waiblingen, sagt Fazio, engagierten sich mehr Bürger für Flüchtlinge, als die AfD Menschen ins Bürgerzentrum gebracht habe. Tosender Applaus.

Gegen 11 Uhr beginnt der Parteitag der AfD. Und die Demonstranten starten ihren Zug durch die Innenstadt bis zum Alten Postplatz. Bei der Abschlusskundgebung geißelt eine Sprecherin das Frauenbild der AfD. Ein Gewerkschafter sagt, die AfD sei nicht die Partei der kleinen Leute, sie wolle vielmehr die Reichen entlasten.

Dann verabreden sich viele Demonstranten für nächste Woche in Stuttgart. Am 30. April findet im Kongresszentrum der Messe der AfD-Bundespogrammparteitag statt. Ob diese Veranstaltung auch so friedlich verlaufen wird die Demo in Waiblingen, das indes bleibt abzuwarten.