Austin Warner – der Mann, den Franz Beckenbauer allem Anschein nach bestechen wollte, um seine Stimme für die deutsche WM-Bewerbung 2006 zu bekommen.

Stuttgart - Von Austin Warner (72), den jeder Jack nennt oder auch den Paten, gibt es viele schöne Bilder. Darauf lächelt er, etwa wenn er beim Weltfußballverband Fifa auf dem Podium sitzt oder wenn er auf einer Sitzung von Fernsehkameras eingefangen wird oder wenn er mit einem Ball zu einem Dribbling ansetzt. Vermutlich hat er auch gelächelt, als er im Sommer 2000 vier Tage vor der Vergabe der WM 2006 mit Franz Beckenbauer einen Vertragsentwurf unterschrieben hat, der ihm beim Vollzug neben infrastrukturellen Vorteilen für sein Heimatland Trinidad und Tobago auch persönliche Begünstigungen wie WM-Tickets garantiert hätte.

 

Dieser offensichtliche Bestechungsversuch ist das jüngste Kapitel in der skandalösen Korruptionsgeschichte, die gerade die Fifa und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) erschüttert. Neben Beckenbauer steht Warner im Zwielicht – der Spezialist für zwielichtige Machenschaften.

Ganz grob gesagt ist es so, dass die Karriere des früheren Fifa-Vizepräsidenten, einst ein Busenfreund des ebenfalls zwielichtigen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter, aus lauter dubiosen Aktionen mit kriminellem Beigeschmack besteht. Und dass Beckenbauer allem Anschein nach zumindest versucht hat, mit Warner einen schmutzigen Deal zu machen, um dessen Stimme für die WM 2006 in Deutschland zu kaufen, spricht angesichts der Vita des Mannes aus dem karibischen Inselstaat dann für sich.

Warner ist im Visier der Staatsanwaltschaft

Die Berichte diverser Staatsanwaltschaften ergaben, dass Warner wohl der schlimmste Finger in einem von vielen schlimmen Fingern dominierten Geschäft ist. Spurensuche. Wie tickt Jack, der Pate?

Erste Antwort: mit Sicherheit wie ein Mafia-Machtmensch. Anders wäre sein Aufstieg vom ehrenamtlichen Sekretär des kleinen Verbands in Trinidad und Tobago bis in höchste Funktionärskreise kaum möglich gewesen. 1997 wurde er Fifa-Vizepräsident. Geprägt war dieser Höhenflug stets von knallharten Vorwürfen gegen ihn. Die Liste ist so lang, dass es schier ausgeschlossen ist, alles aufzuzählen, was Warner zur Last gelegt wird. Bestechung und Korruption waren treue Wegbegleiter – sei es in Form von illegaler Umleitung von Spendengeldern, sei es beim Schwarzmarkthandel oder bei der Geldwäsche oder dem Verkauf von Fernsehrechten für WM-Spiele. Das führte dazu, dass Warner im September von der Ethikkommission der Fifa lebenslang für nationale und internationale Fußballtätigkeiten gesperrt wurde.

Jack, der Pate, gehört auch zu den 14 von der US-Justiz angeklagten Vertretern des Weltverbands, denen der Prozess gemacht werden soll. Gegen Zahlung einer Kaution von 355 000 Euro befindet sich Warner momentan in Trinidad und Tobago auf freiem Fuß. Zweimal pro Woche muss er sich aber bei der Polizei melden. Das Auslieferungsverfahren der USA läuft. Für den 2. Dezember ist die Anhörung von Warner vorgesehen, der alle Anschuldigungen zurückweist. „Die US-Behörden wissen, wo sie mich finden“, sagt er dazu süffisant. Das stimmt, doch die Frage lautet, ob ihn die US-Justiz auch vor Gericht stellen kann.

Der Geschäftemacher Franz Beckenbauer

Im Kurzporträt ist das also der Mann, den Beckenbauer manipulieren und auf die Seite seiner WM-Bewerbung ziehen wollte. Dabei steht aktuell laut Unterlagen der Bundespolizei der Vereinigten Staaten FBI auch im Raum, dass Warner bei der First Citizen Bank ein geheimes Konto geführt hat – sinnigerweise mit dem Namen „LOC Germany 2006 Limited“. Wegen dieser Bezeichnung könnte das FBI durchaus meinen, dass eine Verbindung zur WM 2006 besteht.

Warner wäre nicht Jack, der Pate, wenn er auch nur ansatzweise zur Aufklärung beitragen würde. Stattdessen flüchtet er sich in nebulöse Sätze wie kürzlich in einer TV-Ansprache in Trinidad und Tobago. „Ich habe lange geschwiegen, aber das ist vorbei“, sagte er, um Enthüllungen anzukündigen, die Fifa-Angehörige schwer belasten würden – darunter auch Blatter. Passiert ist jedoch bis heute nichts.

Wie tickt Jack, der Pate? Die zweite Antwort fällt nicht so leicht wie die erste. Oder wie ist es zu werten, dass er Anfang Juni auf einen Beitrag des US-Satiremagazins „Onion“ hereingefallen ist? Demnach glaubte er tatsächlich, die Fifa habe die WM ganz kurzfristig in die USA vergeben, um bei den US-Ermittlern auf gut Wetter zu machen. In einem Video auf seiner Facebookseite erwiderte Warner ohne Witz: „Wenn die Fifa aus Sicht der USA so schlecht ist – wie kommt es dann, dass die USA die WM austragen, die am 27. Mai begonnen hat?“

Muss man sich auch Sorgen um ihn machen? Erst nachdem im Netz über Warner gespottet wurde, ist das Video gelöscht und später ohne die „Onion“-Passage hochgeladen worden. Gelächelt hat er in diesem Fall übrigens ausnahmsweise einmal nicht.