Wie wichtig ist eigentlich der Geruchssinn für Affen? Und welche Rolle spielt er bei der Kommunikation unter den Tieren? Das wollen Wissenschaftler am Affenberg in Salem am Bodensee erforschen – auch mithilfe von Erdnüssen.

Salem - Der Berberaffe lässt Brigitte Schlögl nicht aus den Augen. Er sitzt auf einem Baumstamm und beobachtet aufmerksam, wie die Wissenschaftlerin der Universität Leipzig eine Erdnuss in ein graues Abflussrohr fallen lässt. Als die Forscherin ein paar Schritte zurückgeht, flitzt das Männchen vom Baum, steckt den Arm in das Rohr und schnappt sich die Nuss. Schlögl sieht zufrieden aus. Denn was das Tier nicht ahnt: Es soll bei einer Studie helfen, die auf dem Affenberg in Salem am Bodensee den Geruchssinn von Berberaffen untersucht.

 

Die Forschungen drehten sich vor allem um die Frage, welche sozialen Informationen Affen aus dem Geruch anderer Artgenossen herauslesen können, sagt Schlögl. „Erkennen sie Individuen am Geruch? Können sie eine Verwandtschaft feststellen oder auch den Rang des anderen Tieres?“ Um das zu analysieren, muss die Wissenschaftlerin zunächst einmal Duftproben der Affen sammeln. Und genau dafür ist das Abflussrohr gedacht, das mit einem Gurt an einem Baum befestigt wird: Auf der Innenseite wird Watte angebracht; wenn die Tiere ihren Arm hineinstecken, bleiben Duftstoffe daran hängen. Diese werden von den Forschern dann konserviert.

Die Forschung ist auf drei Jahre angelegt

In einem zweiten Schritt werden die Duftproben wiederum den Affen angeboten - in eine Art Teesieb gepackt, das in einer Kiste befestigt wird. Schlögl und ihre Kollegen messen dann unter anderem, wie lange die Tiere an verschiedenen Düften riechen – in der Annahme, dass die Affen sich länger für einen Duft interessieren, wenn er ihnen viele Informationen gibt und ihr Interesse weckt. Bisher hätten die Vorversuche gut funktioniert und die Berberaffen seien sehr interessiert gewesen, sagt Schlögl. Ihre Forschung ist insgesamt auf drei Jahre angelegt.

Auch der Direktor des Affenbergs, Roland Hilgartner, verfolgt die Studie von Schlögl mit großem Interesse. Der Geruchssinn sei bei Affen bislang nur wenig erforscht worden, sagt der Biologe und Primaten-Experte. „Wenn das klappt, wird hier ein ganz neues Feld aufgestoßen.“ Dabei gebe es durchaus Hinweise darauf, dass Duftstoffe bei der Kommunikation unter den Tieren - ebenso wie Laute, Mimik und Gestik - eine Rolle spielten. So röchen etwa Männchen am Hinterteil der Weibchen, bevor sie sich mit ihnen paarten - oder eben nicht.

Fortbestand teils bedroht

Der Affenberg am Bodensee ist bereits seit Jahrzehnten ein beliebtes Forschungsumfeld für Wissenschaftler. Aus dortigen Projekten seien bisher über 190 wissenschaftliche Publikationen hervorgegangen, sagt Hilgartner. In dem rund 20 Hektar großen waldigen Gehege bei Salem leben derzeit rund 200 der Tiere in drei Gruppen. Ursprünglich sind Berberaffen in Marokko und Algerien beheimatet. Dort leben sie in Gebirgsregionen bis in Höhen von 2000 Metern.

Die klimatischen Bedingungen seien denen am Bodensee sehr ähnlich, sodass die Berberaffen auch am Affenberg das ganze Jahr über im Freien leben könnten, sagt Hilgartner. Der Fortbestand der Affen ist in ihrer Heimat teils bedroht - sie stehen auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN).

Auch bei Menschen beeinflussen Duftstoffe Zu- und Abneigung

Übrigens gibt es auch beim Menschen Hinweise dazu, wie Duftstoffe Zu- oder Abneigungen gegenüber anderen beeinflussen: Die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften beschreibt beispielsweise auf ihrer Homepage einen Versuch des Biologen Claus Wedekind an der Universität Bern aus dem Jahr 1995. Er ließ weibliche Versuchspersonen an getragenen T-Shirts männlicher Testpersonen schnuppern und bat sie, einen Favoriten zu wählen. Eine Vorliebe für einen bestimmten Körperduft solle - so die Arbeitshypothese des Wissenschaftlers - mit dem Vorhandensein bestimmter Gene zusammenhängen.

Und tatsächlich: Die Frauen bevorzugten die T-Shirts mit dem Körpergeruch jener Männer, deren Immungene sich deutlich von ihren eigenen unterschieden. „Die Duftfavoriten verfügten offenbar über das jeweils passende „immungenetische Ergänzungsprogramm“ für den potenziellen Nachwuchs“, schreibt die Gesellschaft.