Die unendliche Geschichte um das Affenhaus in der Wilhelma geht weiter. Zoodirektor Dieter Jauch reagiert auf neuerliche Verzögerungen mit Architektenschelte. Er fordert mehr Präsenz der Planer. Unterdessen wird der Zoobesuch teurer.

Stuttgart - Wer sich bereits zu Ostern auf einen Besuch im neuen Menschenaffenhaus in der Wilhelma gefreut hat, wird enttäuscht. Die Eröffnung der neuen Attraktion verzögert sich wegen anhaltender Bauprobleme erneut. „Wir erwarten sehnlichst, dass das Menschenaffenhaus endlich fertig wird. Unser Wunschtermin Ostern ist nicht haltbar, aber es wäre absolut wünschenswert, dass es zu Pfingsten fertig wird, das müsste funktionieren“, sagte der Wilhelma-Direktor Dieter Jauch am Mittwoch. Der Zoochef machte kein Hehl aus seiner Enttäuschung und Verärgerung über anhaltende Bauprobleme und schob in ungewohnter Deutlichkeit einen Großteil der Schuld dafür den Architekten, dem Berliner Büro Hascher Jehle, und der öffentlichen Vergabepraxis an den billigsten Anbieter zu.

 

Wechselnde Bauleiter vor Ort und rund 20 verschiedene Ansprechpartner in Berlin hätten dazu geführt, „dass wir bis heute Verständigungsschwierigkeiten haben, die die Zusammenarbeit erschweren“, kritisierte Jauch. „Der Architekt sollte immer auch eine Niederlassung in Stuttgart oder der Umgebung haben, damit er und die Fertigungsplaner öfter vor Ort sein und das Objekt im Prozess besser betreuen können. Vierzehntägige Besprechungen reichen nicht aus“, so sein Monitum. Auch sollte der Architekt Erfahrungen in Zoobauten oder zumindest einen fachkompetenten Berater haben, sonst würden die tiergärtnerischen Belange nicht ausreichend verstanden. „Ein Menschenaffenhaus ist komplexer als andere große Projekte“, sagte Jauch und stellte klar, dass die Wilhelma die Leidtragende, aber nicht die Verantwortliche für Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen sei.

Wilhelma will keine nachträglichen Wünsche geäußert haben

So hätten alle Nutzeranforderungen bereits vor Planungsbeginn auf dem Tisch gelegen, nachträgliche Wünsch habe es nicht gegeben, Korrekturforderungen aber wohl. Es sei zum Beispiel nicht hinnehmbar gewesen, dass das Gorillagehege vom Pflegerbereich aus nicht, wie gefordert, voll einsehbar gewesen sei. „Deshalb haben wir dann eine Kameraüberwachung gefordert“. Auch sei das Innengehege zunächst zu steil geplant gewesen, was wegen Absturzgefahr für die Mitarbeiter habe korrigiert werden müssen. Das Gefälle in den Pflegergängen dagegen sei zu gering ausgefallen, so dass mangels Wasserabfluss auch hier nachgebessert werden musste.

Das Finanz- und Wirtschaftsministerium wollte sich zu der Architektenschelte nicht äußern, wies aber die Kritik an der personellen Ausstattung der Bauverwaltung zurück. Zu Problemen hätten vielmehr der schwierige Baugrund und Insolvenzen von Auftragsfirmen beigetragen. Das Büro Hascher Jehle konterte die Vorwürfe. Es sei kein Büro vor Ort erforderlich, vielmehr sei es „eine Frage der Zusammenarbeit, Projektorganisation und Disziplin der Beteiligten“, ob Gesprächstermine im Zweiwochentakt erfolgreich seien oder nicht.

Kostensteigerung auf 19 Millionen Euro

Alles in allem haben die Probleme dazu geführt, dass der seit 2006 geplante Neubau noch nicht fertig, dafür aber mit 19 Millionen Euro an reinen Baukosten um sechs Millionen Euro teurer gekommen ist. Die Kosten teilen sich Förderverein und Land, dessen Bauamt Dieter Jauch abgesehen von begrenzten Personalkapazitäten nicht mit Kritik überzieht. „Wir haben uns zusammengerauft.“

Mehr Personal und einen externen Projektsteuerer empfiehlt der Zoodirektor für künftige Großprojekte wie die als nächstes ins Auge gefasste neue Elefantenanlage, 2012 wurde lediglich das Außengehege erneuert. Dieses Projekt freilich wird erst der Nachfolger oder die Nachfolgerin Jauchs in Angriff nehmen, denn Jauch geht zum Jahresende in den Ruhestand. Umso mehr liegt ihm daran, dass das Menschenaffenhaus bald fertig wird, denn mit dieser neuen Attraktion verbindet sich nicht zuletzt auch die Hoffnung auf wieder steigende Besucherzahlen und eine bessere (Abschieds-) Bilanz. Denn mit 2,24 Millionen Menschen kamen 2012 rund 2,1 Prozent weniger Besucher in den einzigen zoologisch-botanischen Garten Europas als 2011. Die Einnahmen sind um sieben Prozent, die Eigendeckungsquote auf 64 Prozent gesunken. Deshalb werden nach vier Jahren jetzt zum 1. März auch die Eintrittspreise steigen. Dafür bekommen die Besucher durch ständige Verbesserungsmaßnahmen auch mehr geboten. Bis Ostern soll der Seerosenteich saniert und die Vergrößerung der Erdmännchenanlage abgeschlossen sein. Zudem werden ein neuer Kletterelefant und ein Spielgorilla aufgestellt und das Wegweisersystem ergänzt.