Afghanistan Frust beim Abzug aus Kundus

Die afghanischen Sicherheitskräfte brüskieren die Bundeswehr bei der Übergabe des Feldlagers Kundus. Die deutschen Verantwortlichen schweigen sich darüber lieber aus.
Masar-i-Scharif - Nach der endgültigen Räumung des Feldlagers Kundus können die Verantwortlichen in Nordafghanistan ihre Soldaten nicht genug loben. Erleichterung, Zufriedenheit und Stolz bringen der Isaf-Kommandeur im Norden, Jörg Vollmer, sowie Oberst Jochen Schneider, der letzte Chef in Kundus, zum Ausdruck. Kein Wort verlieren die führenden Offiziere darüber, wie frustrierend die letzten Tage im Lager verlaufen sind, das nun in der Hand von afghanischen Sicherheitskräften ist.
Diese hatten bei der Übergabe der Liegenschaft teure Nachbesserungen angemahnt – es soll zu Rangeleien gekommen sein, so dass die Bundeswehr mit bewaffneten Soldaten und Fahrzeugen quasi mit den Muskeln spielen musste, um die Lage zu beruhigen. Sogar ein Tanklastzug mit Sprit für die Deutschen wurde aufgehalten.
Keine Kritik an fragwürdigen Verbündeten
Die einheimischen Kräfte zeigen sich demnach wenig dankbar, nachdem Deutschland mindestens zwei Millionen Euro in die sogenannte Afghanisierung des Camps investiert hatte. Ganz abgesehen davon, dass die Unterkünfte, die penibel zur sofortigen Weiternutzung hergerichtet worden waren, und die übrige vor Ort belassene Infrastruktur noch einen Wert haben. Das großzügige Entgegenkommen war politisch gewollt – genauso wie es vermieden wird, Kritik an den fragwürdigen Verbündeten zu üben. So verweigern die Presseoffiziere in Masar-i-Scharif und beim Einsatzführungskommando Potsdam jeden offiziellen Kommentar zu den Zwischenfällen, die das ZDF ans Licht gebracht hatte. Es gebe noch keine belastbaren Informationen, heißt es. Der Hergang werde überprüft. Offenkundig ist: Eine diplomatische Krise soll partout vermieden werden. Zudem soll der Einsatz trotz diverser Rückschläge als eine Erfolgsgeschichte vermittelt werden – auch den Soldaten selbst.
Unabhängig davon war es eine taktische Leistung, mit der am Samstag der letzte Konvoi aus Kundus nach Masar-i-Scharif geführt wurde. In zwei Marschkolonnen mit 441 Soldaten und 119 Fahrzeugen hat die Bundeswehr die 300 Kilometer zum Camp Marmal in den zwei Nächten zuvor bewältigt. 500 Isaf-Kräfte sorgten für Schutz – auch aus der Luft. Allerdings war die geheime Operation kurzfristig um 24 Stunden vorverlegt worden – aus Angst vor Insiderattacken. Aber auch dieser Umstand taucht in keiner Stellungnahme auf.
Unsere Empfehlung für Sie

Bundeswehr Bundeskabinett beschließt Verlängerung des Afghanistan-Mandats
Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan soll bis zum 31. Januar 2022 verlängert. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch grünes Licht gegeben. Auch zur Obergrenze der eingesetzten Soldaten aus Deutschland gibt es einen Beschluss.

Einsatz der Bundeswehr Bundesregierung will Afghanistan-Mandat bis 2022 verlängern
Die Zukunft des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan ist weiterhin unsicher. Die Bundesregierung will die Mission der Bundeswehr nun erst einmal um zehn Monate verlängern.

Nato-Einsatz in Afghanistan „Afghanistan ist kein befriedetes Land“
Der Sicherheitspolitik-Experte Markus Kaim fordert für die Zeit nach einem Nato-Abzug eine neue Afghanistan-Strategie, losgelöst von dem bisherigen Militäreinsatz am Hindukusch. Eine gewisse westliche Militärpräsenz hält er jedoch weiterhin für sinnvoll.

Abzug vom Hindukusch Warum die Nato in Afghanistan vor einem Dilemma steht
Die Nato muss gehen, da sie keinen Frieden bringt. Nur überstürzt über die Bühne gehen sollte auch der Abzug der Bundeswehr nicht, meint unser Berliner Korrespondent Christopher Ziedler.

Nato-Einsatz in Afghanistan Vor dem Abzug
Noch ist die Entscheidung zum Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan noch nicht gefallen. Doch die Bundeswehr bereitet sich bereits darauf vor.

Bundeswehr in Afghanistan Bundesregierung will Einsatz bis Dezember verlängern
Das Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan soll einem Medienbericht zufolge bis Ende diesen Jahres verlängert werden. Das bisherige Mandat läuft Ende März aus.