Noch stärker als in vielen anderen Regionen der Welt wird der Fußball in Afrika dazu genutzt, die Widrigkeiten des Alltags zu übertünchen, sagt der ehemalige Bundesligatrainer Volker Finke, der sich in den vergangenen Jahren zu einem intimen Kenner des Kontinents entwickelt hat. „Die Regierungen wissen um diese Funktion, deswegen legen die Staatsführungen so großen Wert darauf, dass ihre Nationalmannschaften möglichst erfolgreich sein sollten, weil das für die an der Macht befindlichen Leute immer gut ist.“

 

Als Held aller Gabuner soll Aubameyang also Gräben schließen: Er hoffe „am allermeisten, dass das Turnier hilft, das Land wieder zu einen“, sagt der Stürmer. Wobei Gabun sportlich eher eine Außenseiterrolle zufällt. Neben Aubameyang spielen mit Didier Ndong (FC Sunderland) und Mario Lemina (Juventus Turnin) nur zwei weitere Spieler aus größeren Clubs für das Erdölland, das in den vergangenen Jahren massiv unter dem Preisverfall seines wichtigsten Rohstoffes litt. Allerdings sind afrikanische Kontinentalturniere grundsätzlich unberechenbar. So gut wie nie gewinnen die Favoriten, zu denen diesmal neben Titelverteidiger Elfenbeinküste auch Algerien, Ghana und der Senegal zählen. „Die Mannschaften, die das beste Spielermaterial haben, haben in der Regel auch die größten Probleme mit dem Mannschaftsgeist und der Teamfähigkeit“, sagt Finke, der zwischen 2013 und 2015 als Trainer Kameruns gegen diese zerstörerischen Kräfte ankämpfen musste.

Unberechenbar ist das Event aber auch wegen der üblichen Probleme, die bei jedem afrikanischen Turnier aufs Neue für Ärger sorgen. Zwei der vier Stadien werden – wenn überhaupt – erst in letzter Sekunde fertig, und die Qualität der Rasenplätze soll an drei Spielorten für Spitzenfußball untauglich sein. Ganz zu schweigen von den Trainingsquartieren. Überdies sind die Schiedsrichterleistungen oftmals katastrophal, kaum ein Team kann sich professionell vorbereiten, permanent wird um Geld gestritten. So weigerte sich das Team aus Simbabwe vorige Woche vor einem Testspiel in Kamerun, ins Flugzeug zu steigen, weil die vereinbarten Prämien noch nicht ausgezahlt waren. Die Fußballer aus der erstmals qualifizierten Nation Guinea-Bissau ließen ihren Abreisetermin nach Gabun verstreichen, weil sie ebenfalls noch auf versprochene Zahlungen warteten, das ganze Land verfolgte unter Hochspannung die Verhandlungen zwischen einer Spielerdelegation und dem Staatschef. Es kommt sogar immer noch vor, dass Politiker mitbestimmen, wenn Kader zusammengesetzt, Trainingslager organisiert oder die Aufstellungen der Teams festgelegt werden.