Seit einigen Monaten trägt Agarminister Alexander Bonde (Grüne) Bart. Die Folge für sein Ressort: Fotos, Broschüren oder Internetauftritt müssen aktualisiert werden. Das mache man aber so, dass keine Mehrkosten entstehen, wird versichert.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Auf einschneidende Lebensereignisse reagieren Frauen ja angeblich gerne mit einer Änderung ihres Äußeren. Nach einer Trennung, zum Beispiel, legen sie sich eine völlig neue Frisur zu. So wird der Mitwelt signalisiert, dass jetzt eine neue Phase beginnt – neuer Typ, neues Glück. Eine Frau ist Alexander Bonde (40) eindeutig nicht. Doch in seinem politischen Leben musste der Grüne vor wenigen Monaten einen schmerzlichen Einschnitt hinnehmen: Er hatte die Widerstände unterschätzt, in seiner Heimatstadt Freiburg als Landtagskandidat nominiert zu werden, und kapitulierte schließlich vor dem Platzhirsch. Die Landtagswahl wird für den Agrarminister so zu einer Entscheidung, ob er weiter (in der Regierung) Politik machen kann oder sich erstmals einen normalen Beruf suchen muss.

 

Auch sein Äußeres hat Bonde geändert: Bald nach der Schmach von Freiburg hörte er auf, sich zu rasieren, inzwischen ziert ein Vollbart sein vormals glattes Gesicht. Gut stehe der ihm, bekundeten Wohlmeinende, andere bemerkten dagegen süffisant, nun habe er sich seinem (vollbärtigen) Bezwinger optisch angenähert.

Bart und Brille Privatsache? Von wegen ...

Neuer Typ, neues Glück? Nicht doch, verlautet aus Bondes Ministerium: Spekulationen, es gäbe einen Zusammenhang zwischen dem Rückzieher bei der Kandidatenkür und dem Sprießen des Bartes, träfen nicht zu. Was den Minister stattdessen dazu bewegte, bleibt offen. „Das Tragen eines Voll-, Oberlippen- oder Kinnbartes ist unseres Erachtens ebenso wie die Entscheidung für eine neuen Brille oder Frisur eine persönliche Entscheidung“, sagt ein Ressortsprecher. Das stimmt nur teilweise. Der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf, die Lieblings-Zielscheibe des scharfzüngigen Spötters Bonde, macht aus seiner Brille ein politisches Statement: gerade weil ihm so viele einen Wechsel des klobigen Gestells empfählen, bleibe er dabei – für ihn ein Ausweis von Standhaftigkeit.

Für das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat der Bart indes eine ganz praktische Konsequenz: es gilt, die Außendarstellung des Ressorts dem neuen Äußeren des Ressortchefs anzupassen. Ob beim Internetauftritt, bei Broschüren oder allfälligen Grußworten - Bondes Bild soll schließlich dem realen Aussehen entsprechen. Auf der Homepage oder in neuen Druckschriften grüßt er denn auch meist mit Gesichtsschmuck. Prompt setzte es aus der – oft von Bondes verbalen Hieben getroffenen – CDU Sticheleien: ob da womöglich aus persönlicher Eitelkeit Steuergelder verprasst würden?

Die CDU plakatierte einst „Politik ohne Bart“

Die Frage der Rasur gegen politische Gegner einzusetzen, hat bei den Christdemokraten eine weit zurückreichende Tradition. „Politik ohne Bart“ plakatierten sie im Bundestagswahlkampf 1994, als der vollbärtige SPD-Herausforderer Rudolf Scharping den glattrasierten Unionskanzler Helmut Kohl ablösen wollte. Das Ergebnis ist bekannt, alleine am Gesichtshaar lag es sicher nicht. Heute, da der Bart schwer im Trend liegt, dürfte ein solcher Slogan ohnehin kaum mehr verfangen.

Auch sonst sieht sich das Agrarministerium gegen kritische Nachfragen bestens gewappnet. Seit Alexander Bonde entschieden habe, den Bart zu behalten, verwende man selbstverständlich ein aktuelles Foto von ihm, sagt der Sprecher – allerdings nur da, wo ohnehin eine Aktualisierung anstehe. „Keine einzige Publikation“ sei eingestampft oder neu konzipiert, kein Video neu gedreht worden. Nirgendwo habe das neue Erscheinungsbild des Hausherrn Mehrkosten verursacht, vielfach zeige man unverändert das alte – selbst auf der Seite „Bondes Rat“, wo er Verbrauchern Tipps gibt. In der Mediathek halte man beide Versionen zum Herunterladen bereit, Redaktionen erbäten wiederholt ein aktuelles Konterfei. Alle Archivbilder mit Bart wurden dort schließlich erst einmal wertlos – so wie weiland umgekehrt, als der frühere FDP-Chef und Wirtschaftsminister Walter Döring plötzlich ohne den vertrauten Schnauzer daherkam. Später ließ er ihn doch wieder wachsen.

Morgens wieder Zeit zum Rasieren

Nun bleibt abzuwarten, wie es mit Bondes Bart weitergeht. Eine weitere Niederlage nahm der Grüne jedenfalls nicht zum Anlass, sein Outfit erneut zu ändern: Als er kürzlich die Wiederwahl in den Parteirat verpasste, blieb alles beim alten. Dabei hätte er zumindest Montag morgens wieder Zeit zum Rasieren, wenn er „nicht mehr um drei aufstehen muss, um rechtzeitig nach Berlin zu kommen.“ Prognosen für die Zeit nach der Landtagswahl sind von seinem Sprecher nicht zu erhalten: „An Spekulationen, ob, warum, unter welchen Umständen und gegebenenfalls wie lange Minister Bonde Bart tragen wird, können und wollen wir uns nicht beteiligen.“