Brüssel - Der Veggieburger darf weiterhin Veggieburger heißen. Auch die Tofu-Bratwurst muss keinen anderen Namen bekommen. Fleischersatzprodukte auf vegetarischer Basis können weiterhin Bezeichnungen wie Schnitzel, Hamburger oder Wurst tragen. Das hat das Europa-Parlament beschlossen. Allerdings gilt das nicht für vegetarische Produkte, die mit dem Attribut Milch werben. Joghurt, Sahne, Milch oder Butter etwa auf Basis von Mandeln oder Kokosmilch sind als vegane oder vegetarische Produkte künftig tabu.
Die Veggie-Frage war Teil einer Reihe von mehreren Hundert Abstimmungen, mit denen das Europa-Parlament seine Position bei der anstehenden Agrarreform (GAP) festgelegt hat, die einen Etat von 387 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027 vorsieht. Mit den Stimmen der meisten Christdemokraten, Liberalen und Sozialdemokraten hat das Parlament eine stärkere Ausrichtung der Agrarpolitik in den Jahren 2023 bis 2027 am Klima- und Artenschutz beschlossen.
Die Verhandlungsführer aus dem Parlament wollen in den schon bald beginnenden Verhandlungen mit den Agrarministern der 27 Mitgliedstaaten erreichen, dass „mindestens 30 Prozent“ der Direktzahlungen für Umweltmaßnahmen ausgegeben werden müssen. Die Mitgliedstaaten hatten sich Anfang der Woche auf 20 Prozent geeinigt. Wie die Umweltmaßnahmen konkret aussehen werden, muss erst noch definiert werden. Ein Beispiel könnte sein: mehr Platz zwischen dem Acker und Gewässern, Brachflächen oder das Einhalten von Fruchtfolgen.
Direktzahlungen kappen?
Beide Co-Gesetzgeber wollen die Direktzahlungen an Großbetriebe senken. Die Agrarminister wollen es den Mitgliedstaaten anheimstellen, ob Direktzahlungen nur bis 100 000 Euro geleistet und danach gekappt werden. Die Bauern sollen dabei aber die Gelegenheit bekommen, die gezahlten Löhne für Angestellte mit den Direktzahlungen zu verrechnen. Das Parlament will auch durchsetzen, dass die Kappung bei 100 000 Euro vermieden werden kann, wenn sich der Mitgliedstaat entscheiden sollte, von großen Höfen auf kleine umzuverteilen. Wenn diese Umverteilung zwölf Prozent der gesamten Direktzahlungen ausmache, könne auf die Kappung verzichtet werden. Zum Beispiel: In Deutschland betragen die Direktzahlungen insgesamt fünf Milliarden Euro im Jahr. Wenn zwölf Prozent zu den kleineren Betrieben umverteilt würden, wären dies 600 Millionen Euro jährlich.
Was wird mit dem Green Deal?
Streit gab es im Parlament um die Einbeziehung des Green Deal in die nächste Agrarreform. Die Kommission hat bislang noch keine Gesetzgebungsvorschläge gemacht, wie sie den Anteil von Ökolandwirtschaft steigern, den Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln drastisch senken und die bedrohten Arten besser schützen will. Die 16 deutschen Sozialdemokraten setzten sich nicht mit ihrem Antrag durch, der eine Verankerung dieser Ziele in der Agrarreform vorsah. Daraufhin kündigten sie an, gegen den Kompromiss zu stimmen, den sie zuvor mit ausgehandelt hatten.
Die Grünen hatten den Kompromiss von vorneherein abgelehnt. Der Chef der deutschen Grünen im Europa-Parlament, Sven Giegold, zeigte sich enttäuscht: „Mit diesen Beschlüssen wurde die in Hinblick auf den Klima- und Artenschutz völlig unzureichende Agrarpolitik der vergangenen sieben Jahre für die Zukunft zementiert.“ Die SPD-Umweltexpertin Delara Burkhardt sagte: „Landwirtschaftspolitik muss auch Umwelt- und Klimapolitik sein. Das wird mit dieser Reform nicht erreicht.“