Die Bürger fühlen sich als Sieger: Dass ein Mobilfunkbetreiber wegen Protesten eine Antenne wieder abbaut, ist ungewöhnlich, wenn nicht einzigartig.

Aichwald - Wegen der guten Nachricht tritt Nicolas Fink erst recht entspannt seinen Urlaub an. "Ich bin froh, dass unser gemeinsames Handeln belohnt wurde", sagte der Bürgermeister von Aichwald (Kreis Esslingen), nachdem der Mobilfunkbetreiber O2 angekündigt hatte, seinen Mast auf dem Gasthaus Löwen im Ortsteil Aichelberg wieder abzubauen. Einen Ersatzstandort werde es nicht geben, hieß es.

 

Der angekündigte Abbau bis zum Jahresende ist zumindest ungewöhnlich. Gerhard Mauch vom Städtetag ist jedenfalls kein weiterer solcher Fall bekannt. Seit sich im Jahr 2002 die großen Mobilfunkanbieter freiwillig verpflichtet hätten, ihre Standortentscheidungen eng mit den Kommunen abzustimmen, gebe es kaum noch Konfliktpotenzial bei dem Thema Mobilfunk. Ausschließen, dass früher in anderen Städten und Gemeinden Antennen nach Protesten wieder abmontiert worden sind, kann Mauch aber nicht. Auch ein Sprecher des Landesumweltministeriums weiß nicht, ob der Vorgang auf dem Schurwald einmalig ist oder es ähnliche Fälle gab.

O2 hatte im vergangenen September die Anlage gegen den Willen der Gemeinde installiert. Dafür brauchte der Mobilfunkbetreiber keine baurechtliche Genehmigung, da die Antenne nicht höher als zehn Meter ist. Größere Anlagen hingegen sind genehmigungspflichtig. Nach der Installation der Antenne nahe der Grundschule, der Ganztagesbetreuung und des Kindergartens formierte sich eine Bürgerinitiative. Immer montags setzte sich in Aichelberg fortan ein Demonstrationszug in Marsch.

"Unser Protest hat sich gelohnt"

Der Initiativensprecher Reinhard Bescherer führt den Rückzug der Firma O2 auf diesen Widerstand zurück. "Unser engagierter Protest hat sich gelohnt. Das partnerschaftliche und gute Miteinander von Bürgerinitiative, Bürgermeister und Gemeinderat war beispielhaft", meint er. Fink sieht es ähnlich: "Ich glaube, O2 hat den langen Atem der Aichwalder unterschätzt." Hinzu komme, dass der Betreiber die von der Gemeinde vorgeschlagenen Alternativstandorte als nicht wirtschaftlich eingestuft habe.

Die Wirtschaftlichkeit nennt das Unternehmen selbst als ausschlaggebend für seine Entscheidung. "Leider genügten auch die geprüften Alternativstandorte nicht den hohen funktechnischen und wirtschaftlichen Anforderungen", erklärt O2. Die Gemeinde hatte dem Unternehmen mehrere Ausweichstandorte angeboten. Als möglicher Ersatz war unter anderem der Mast einer Hochspannungsleitung am Ortsrand im Gespräch gewesen. Um O2 auf die Sprünge zu helfen, hatte das Rathaus ein Büro beauftragt, um eine Mobilfunkkonzeption auszuarbeiten. Die Ergebnisse der rund 4000 Euro teuren Studie sei dann dem Konzern übermittelt worden, erklärt Fink. Die Anlage auf dem Strommast "wäre gegangen."

Auch in Aichelbergs Nachbargemeinde Baltmannsweiler hatte O2 Ärger: Die Firma hatte dort im Jahr 2009 ebenfalls mitten im Ort einen Mast aufstellen wollen. Wegen heftiger Proteste und des Einspruchs des Bürgermeisters wurde die Antenne außerhalb des Ortes errichtet.