Eine vom Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg entwickelte App „Hofläden BW“ bringt Verbraucher und Direktvermarkter zusammen. Der Neuwieshof in Aichwald-Krummhardt nutzt das Angebot, das Moderne mit Tradition verbindet.

Aichwald - Mutterkühe, ein am Vormittag geborenes Kälbchen auf der Weide, Schweine, Schafe und ein kleiner Hofladen – der Neuwieshof im Aichwalder Teilort Krummhardt ist ein Bauernhof wie aus dem Bilderbuch. Einer der wenigen in der Region, die überlebt haben – auch weil neben den Hofbetreibern Beate und Traugott Fetzer die in landwirtschaftlichen Berufen ausgebildeten Söhne und Töchter mit anpacken. Das Gesamtpaket macht den Neuwieshof zu einem beliebten Ziel für Schulklassen. Dem städtisch geprägten Nachwuchs muss der Landwirt Traugott Fetzer auch schon mal erklären, dass die Vögel, die da pfeilschnell durch den Stall schießen, Schwalben und keine Wanderfalken sind. Oder dass das legefrische, noch warme Hühnerei keinen Stempel tragen kann. „Viele haben nur die Bilder im Kopf, die ihnen von den Medien vermittelt werden“, sagt der Landwirt.

 

Peter Hauk weiß Wanderfalken von Schwalben zu unterscheiden. Schließlich ist er nicht nur baden-württembergischer Landwirtschaftsminister, sondern auch gelernter Förster. Trotzdem hat sein Besuch auf dem Neuwieshof am Dienstag mehr mit Innovation denn mit Tradition zu tun. Der Hofladen des Neuwieshof gehört zu den Pionieren einer von seinem Ministerium ins Leben gerufenen App „Hofläden BW“.

Mehr als 3400 Nutzer greifen auf das Angebot zu

Das Programm, das seit September vergangenen Jahres kostenlos auf Android und iOS-Geräte heruntergeladen werden kann, listet neben dem Aichwalder Hof weitere 733 Hofläden im Land auf. „Gebe ich Esslingen ein, werden mir in einem Umkreis von zehn Kilometern 22 Höfe gezeigt, mit ihren Öffnungszeiten, ihrem Angebot und ihren besonderen Produkten“, sagt Hauk. Zudem wird der Nutzer auf Wunsch über eine integrierten Routenplaner-Funktion direkt zu seinem ausgewählten Hofladen geführt.

Bislang, so Hauk, würden knapp 3400 Nutzer auf das Angebot zugreifen – Tendenz steigend. „Die Idee zu der App ist auf der Terrasse im Plenum des Stuttgarter Landtags geboren worden“, sagt Andreas Deuschle, der Esslinger CDU-Landtagsabgeordnete. Deuschle, zuständig für den Bereich Digitalisierung in seiner Fraktion, wollte mit dem Instrument die Erzeuger und die Verbraucher näher zusammenbringen. Für den christdemokratischen Politiker ist die digitale Offensive gleichzeitig gelebte Heimatverbundenheit. „Wer Lebensmittel in einem Hofladen einkauft, lernt nicht nur die Menschen hinter den Produkten kennen, sondern er stärkt sie mit seinem Einkauf auch direkt“, sagt er. Die Moderne baue hier die Brücke zu Tradition und Heimat, so Deuschle.

Hofladen als Ersatz für Milchhäusle und Metzger

„Wir haben den Hofladen seit 45 Jahren. Damals hat das Milchhäusle im Ort zugemacht und die Leute haben ihre Milch von uns geholt“, sagt Traugott Fetzer. Als dann der Metzger im Nachbarort nicht mehr selbst geschlachtet hat, sind neue Kunde hinzugekommen. Die Hofladen-App erweitere den Kundenkreis nun zusätzlich. Auf die Moderne allein als Brückenbauer zu Tradition und Heimat will sich Fetzer trotzdem nicht verlassen. „Für uns ist der Kontakt zu den Leuten wichtig. Wir wollen zeigen, welche Arbeit hinter unseren Produkten steckt“, sagt er. Da kommen ihm selbst die schrägsten Schülerfragen nicht ungelegen.

Die App „Hofläden BW“ ist unter der Federführung des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums entwickelt worden. Sie führt 734 Hofländen im Land auf. 15 weitere müssen nach Ministeriumsangaben noch eingepflegt werden, 30 Anwärter werden vom zuständigen Fachreferat noch geprüft. Die App bietet neben Informationen über das jeweilige Angebot des Hofladens auch eine Umkreissuche an. Über einen Routenplaner lässt sich der schnellste Weg zum ausgewählten Hofladen finden. Der Neuwieshof in Aichwald-Krummhardt war unter den ersten Höfen, die sich um die Aufnahme in die App beworben hatten. Kern des Selbstvermarkter-Sortiments ist neben der frischen Milch das Fleisch vom Rind, Schwein, Kalb und Lamm. Darüber hinaus gibt es unter anderem saisonales Gemüse und Schnäpse vom eigenen Obst.