Seit Neuestem gilt auf dem beliebten Platz in Ludwigsburg ab 23 Uhr ein Verweilverbot. Wie lief es am ersten Wochenende?

Ludwigsburg - Wütende Jugendliche, gar Schlägereien oder Angriffe auf Beamte. Die schlimmsten Befürchtungen sind am ersten Wochenende, an dem auf dem Ludwigsburger Akademiehof ein sogenanntes Verweilverbot galt, nicht Wirklichkeit geworden. Am Ende blieb es ruhig und nichts zurück außer wieder jede Menge Müll.

 

Die Polizei zeigte an beiden Abenden zwar Präsenz – am Rand des Platzes patrouillierten Kräfte der Bereitschaftspolizei. Dass diese am Ende zwei so ruhige Abende verleben werden, hatten sie vermutlich selbst nicht erwartet. Am Freitag gegen 22 Uhr war der Platz zwar mit etwa 150 Personen gut gefüllt, es war eigentlich wie immer zu Beginn eines Wochenendes. Als es eine Stunde später dann soweit war, trollten sich die meisten Besucher – ohne Aufforderung und ohne zu murren.

Nicht mal eine Durchsage ist nötig

Die Polizei kam nicht dazu, über Lautsprecher den Beginn des von der Stadt angeordneten Verweilverbots zu verkünden. Die Anweisung auf den gelben Schildern war unmissverständlich und offenbar auch bei den Jugendlichen angekommen. Um kurz nach 23 Uhr war der Platz wie leergefegt. Lediglich eine Flaschensammlerin klaubte auf dem Rasen die liegengelassenen Pfandflaschen zusammen. Ein ähnliches Bild bot sich auch am Samstagabend. „Es war noch weniger los als am Tag zuvor“, sagte ein Sprecher der Polizei. Nicht einmal mehr 100 Personen hätten sich vor 23 Uhr auf dem Akademiehof aufgehalten, die Beamten hatten keine Probleme, das Aufenthaltsverbot durchzusetzen.

In den vergangenen Monaten hatte die Polizei zur späten Stunde mehrmals den Platz geräumt, weil die Feierstimmung in Aggressionen und Gewalt umgeschlagen war. Deshalb beschlossen Stadt und Polizei Ende der vergangenen Woche das Aufenthaltsverbot in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr. Es gilt vorerst für drei Wochen.

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Viele Jugendliche waren am Freitag bereits in dem Wissen auf den Platz gekommen, dass die Fete zeitig enden wird. „Wir haben geplant, kurz vor elf zu gehen und nach Stuttgart in einen Club zu fahren“, schilderte ein junger Mann seine weitere Abendplanung. Weil in seiner Altersgruppe die Zahl der Geimpften steige, würden sich sowieso immer mehr gegen Mitternacht vom Akademieplatz in Clubs und Kneipen verziehen, lautete seine Einschätzung. Allein wegen der Kälte. Am Freitag war es nasskalt und weit unter zehn Grad Celsius. Trotz der widrigen Bedingungen äußerten einige Besucher ihr Bedauern über das Verweilverbot. Allerdings herrschte größtenteils Einigkeit darüber, dass man von Randalierern genug habe. Die politischen Jugendorganisationen von SPD, Grünen und FDP im Kreis sehen das genauso, sie verurteilen die Gewaltbereitschaft, die bisweilen auf dem Platz herrscht. Sachbeschädigungen und die Vermüllung prangern sie ebenfalls an.

Jugend braucht Plätze unter freiem Himmel

Jusos, Grüne Jugend und Junge Liberale halten das Aufenthaltsverbot für unverhältnismäßig und fordern, die nächtliche Lage am Akademiehof differenzierter zu betrachten. Junge Menschen würden pauschal aus dem öffentlichen Raum verdrängt, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der drei Organisationen.

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Dass Ludwigsburg mit seinen mehr als 90 000 Einwohnern – etwa jeder Zehnte studiert – kaum noch über ein Nachtleben verfüge, mit diesem Kritikpunkt hat der politische Nachwuchs durchaus recht. Mit der Rockfabrik war zuletzt der einzige verbliebene Club verschwunden. „Seit dem Ausbruch der Pandemie sind junge Menschen bei der Freizeitgestaltung noch stärker auf öffentliche Plätze unter freiem Himmel angewiesen. Wenn die Öffentlichkeit von Jugendlichen einfordert, die pandemische Lage bei der Freizeitgestaltung ernstzunehmen, dann muss es auch möglich sein, seinen Abend unter freiem Himmel verbringen zu können“, sagt Colin Sauerzapf, Kreisvorsitzender der Jusos Ludwigsburg. Zumal der weitaus überwiegende Teil junger Menschen „seine Freizeit friedlich, auch abends auf dem Akademiehof“ gestalte, ergänzt der Kreisvorsitzende der Julis, Andrey Belkin.

Nicht viel los auf anderen Plätzen in der Stadt

„Wir brauchen in Ludwigsburg eine Jugendpolitik, die Räume für junge Menschen schafft anstatt die Räume, die junge Menschen sich aussuchen, für sie schließt“, meint Laura Oehlschläger, Sprecherin der Grünen Jugend. „Einzelne Maßnahmen an einzelnen Plätzen werden das Problem nicht lösen, sondern nur an andere Orte, eventuell in andere Städte, verlagern.“

Zumindest am vergangenen Wochenende war das kaum der Fall, auf dem Rathausplatz sammelte sich am Freitagabend eine kleinere Gruppe, der Pop-up-Park am Arsenalplatz war fast völlig verwaist, auf der stockdunklen Bärenwiese war zwar etwas Musik zu hören, zu größeren Ansammlungen kam es aber auch dort nicht.