Trotz der glänzenden Konjunktur spricht wenig für ein zehntes Rekordjahr an der Börse, kommentiert Michael Heller.

Stuttgart - Wohin mit dem Geld? Diese Frage erübrigt sich gewiss für viele Bundesbürger. Denn nach einer im Herbst veröffentlichten Studie hat ein Drittel der Haushalte kaum Ersparnisse, von denen die Mitglieder mehr als ein paar Wochen leben könnten. Anders gewendet versucht aber die Mehrheit der Bevölkerung, so viel Geld auf die Seite zu bringen, dass es zum Beispiel für größere Anschaffungen oder die Aufbesserung der Rente reicht. Diese Bürger leiden seit Jahren darunter, dass es für eine Geldanlage ohne oder mit überschaubarem Risiko so gut wie keine Zinsen mehr gibt. Einigermaßen ratlos halten die Menschen nach Alternativen Ausschau, und manche wenden sich dabei sogar so zweifelhaften Anlageformen wie dem Bitcoin zu.

 

Die professionellen Geldverwalter haben seit jeher nur eine Empfehlung: die Aktienanlage, entweder in direkter Form oder durch den Kauf von Fondsanteilen. Die Fachleute bleiben ihrem Credo auch mit Blick auf das Jahr 2018 treu; wie es auf den ersten Blick scheint, sogar mit noch mehr Berechtigung als in den Jahren zuvor. Denn fast sämtliche Analysen kommen zu dem Schluss, dass es mit der Konjunktur im neuen Jahr weiter aufwärts gehen wird. Es gibt sogar schon erste Warnungen vor einer Überhitzung. Alle machen in Optimismus, den politischen Unsicherheiten von Nordkorea über Nahost bis zu den USA zum Trotz. Dass nun alles auf weiter steigende Aktienkurse hindeutet, dürfte sich freilich als Trugschluss erweisen.

Eine Kurskorrektur nach unten ist wahrscheinlich

Denn die Aktienkurse steigen seit fast neun Jahren, der Aktienindex Dax hat sich seit dem März 2009 annähernd vervierfacht. Ob es sich dabei wirklich um eine Wertsteigerung handelt, ist gar nicht mal sicher. Nach einer anderen Sichtweise handelt es sich zumindest teilweise auch um Inflation oder um eines spekulative Blase, aus der die Luft wieder entweichen kann, wie im Übrigen auf dem Immobilienmarkt auch. Auch bei besten Rahmenbedingungen können die Kurse auf breiter Front nur dann weiter steigen, wenn zusätzliches Geld an die Börse fließt.

Nach der Dauer-Kurs-Rallye der vergangenen Jahre gibt es aber kaum jemanden, der jetzt noch mit gutem Gewissen für einen Einstieg gewonnen werden kann. Die vielen Sparer, die mangels Fachkenntnis oder aufgrund prinzipieller Skepsis bisher einen Bogen um Aktien gemacht haben, tun gut daran, bei dieser Haltung zu bleiben. Denn die Luft wird dünn, immer dünner. Eine Kurskorrektur nach unten ist deshalb wahrscheinlicher als eine Fortsetzung des Aufwärtstrends.

Das spekulative Element gewinnt an Gewicht

Das zeigt sich daran, dass das spekulative Element an Gewicht gewinnt. Der Dax-Sieger des Jahres 2017, die Lufthansa, stand vor einem Jahr noch kurz vor dem Rauswurf aus dem Topindex. Ob die stark durch die Air-Berlin-Pleite begünstigte Wende nachhaltig ist, steht dahin. Noch größer sind die Fragezeichen bei drei anderen Titeln aus den Top-5: bei der Commerzbank und bei den beiden Energiekonzernen Eon und RWE. Es sind hier ganz offensichtlich Übernahmespekulationen, die die Kurse treiben, und nicht verbesserte Geschäftsaussichten. In dieser Welt ist es nur konsequent, dass die rote Laterne in diesem Jahr dem Daimler-Konzern gehört.

Privatanleger sind meist schlecht beraten, wenn sie glauben, kurzfristig das Auf und Ab der Kurse zum eigenen Vorteil nutzen zu können; denn die Profis sind einfach schneller. Wer seine Aktien aber vor Jahren zu günstigen Kursen erworben hat und mit der Dividende nicht zufrieden ist, darf angesichts des erreichten Kursniveaus durchaus über einen Verkauf nachdenken. Und sei es, um später zu niedrigeren Kursen wieder einzusteigen. Auch festverzinsliche Papiere können wieder eine Alternative werden, sofern die Europäische Zentralbank sich endlich ernsthaft zu einer Straffung ihrer Geldpolitik durchringt.