Aktienbesitz ist in Deutschland nicht besonders verbreitet. Das ist aber nicht der einzige Grund für den mäßigen Erfolg deutscher Investoren – auch der professionellen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Augen professioneller Investoren haben sich am Mittwoch wieder einmal nach Washington gerichtet. Einige wenige Sätze von US-Notenbankchef Jerome Powell reichten aus, um den Rückgang der Kurse an der Wall Street und in Frankfurt zu bremsen. Den meisten privaten Anlegern allerdings, das zeigt eine aktuelle Studie, sind derlei Tagesbewegungen ziemlich schnurz: Die „langfristige Vermögensbildung“ stehe für 82 Prozent der Aktienbesitzer im Vordergrund, teilte das Deutsche Aktieninstitut (DAI) auf Basis einer Studie der Universität Bochum mit.

 

Rund zehn Millionen Deutsche investieren laut Zahlen des DAI in Aktien, entweder direkt oder über Fonds. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist damit weitaus geringer als beispielsweise in den USA, wo jeder zweite Haushalt Aktien besitzt. Dieser Umstand ist laut einer neuen Studie des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) ein Grund, warum deutsche Geldanlagen im Vergleich zu den Kapitalanlagen der US-Amerikaner schlecht abschneiden – aber nicht der einzige. Die Studie kommt vielmehr zu dem deprimierenden Ergebnis, dass die Deutschen auch beim Aktien-Investment schlechter abschneiden als andere Nationen. Der Befund des IfW, das ist wichtig, bezieht sich auf private wie professionelle Anleger. Untersucht werden die Auslandsinvestitionen aller volkswirtschaftlichen Sektoren über den Zeitraum von 1975 bis 2017. Unter den 13 betrachteten Volkswirtschaften landet Deutschland dabei auf dem vorletzten Platz. Die nominellen Erträge der deutschen Auslandsanlagen – darunter sind Direktinvestitionen in Unternehmen genauso wie Aktien- und Anleihekäufe – beliefen sich demnach auf durchschnittlich 4,9 Prozent im Jahr, der Spitzenreiter USA kommt auf 10,6 Prozent.

Nur ein geringer Teil des deutschen Geldes landet in wachstumsstarken Schwellenländern

Welche Summen dabei von Banken, Versicherungen und anderen Unternehmen stammten und wie viel Geld von Privatanlegern, geben die vom IfW untersuchten Zahlen nicht her. „Wir können die Frage, wer genau da Fehlentscheidungen getroffen hat, leider nicht beantworten“, sagt Professor Christoph Trebesch, der die Studie zusammen mit Franziska Hünnekes und dem Bonner Professor Moritz Schularick verfasst hat. „Es gibt eine Reihe von Beispielen, wo sich große Auslandsinvestitionen als Fehlentscheidung erwiesen haben: Der Zusammenschluss von Daimler und Chrysler, die Fusion von Bayer und Monsanto, die Geschäfte deutscher Landesbanken mit Kreditverbriefungen aus den USA oder der Kauf griechischer Staatsanleihen durch deutsche Banken.“ Inwieweit diese Einzelfälle zu dem schlechten deutschen Gesamtergebnis beitrügen, sei aber unklar, so Trebesch. Eine generelle Aussage lässt sich aus der Studie aber durchaus ableiten: „Auffällig ist, dass die deutschen Auslandsinvestitionen sehr eurozentrisch sind“, sagt Trebesch. Dadurch entgingen den Deutschen Erträge aus besonders wachstumsstarken Weltregionen: „Der Anteil der Anlagen in Schwellen- und Entwicklungsländern hat sich in den vergangenen 20 Jahren von 20 auf zehn Prozent halbiert, obwohl der Anteil dieser Länder an der weltweiten Wirtschaftsleistung kräftig gestiegen ist.“

Deutschland ist Weltmeister im Kapitalexport

Länder wie Norwegen, dessen Staatsfonds seine Mittel weltweit anlegt, schneiden deutlich besser ab. „Allein in dem Jahrzehnt seit der Finanzkrise 2008 hätte die deutsche Volkswirtschaft rund zwei bis drei Billionen Euro reicher werden können, wenn ihre Anlageerträge denen von Norwegen entsprochen hätten“, heißt es in der Studie.

Dieses Ergebnis ist umso ernüchternder, als Deutschland Weltmeister im Export von Kapital ist. Allein im vergangenen Jahr überstiegen die Kapital-Exporte den Zustrom ausländischen Gelds nach Deutschland um 225 Milliarden Euro. Sie trugen damit auch zum Leistungsbilanzüberschuss bei. „Jahrelang haben Ökonomen den hohen deutschen Leistungsbilanzüberschuss mit dem Argument verteidigt, die Auslandsinvestitionen seien eine wichtige Absicherung für unsere alternde Gesellschaft. Mit Blick auf die Daten muss man aber sagen, dass das nicht gut funktioniert“, so Trebesch. Was nicht heißt, dass Aktiensparen für die private Altersvorsorge sinnlos wäre, aber eine breite Streuung ist auch hier zu empfehlen.