Der Chef des baden-württembergischen Beamtenbundes warnt vor einer Klage Baden-Württembergs gegen Volkswagen. Der Schaden sei zu gering, um mit einer Klage ein politisches Signal zu senden.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Volker Stich, der Chef des baden-württembergischen Beamtenbundes, hat kritisiert, dass Bayern juristisch gegen den Autobauer Volkswagen vorgehen will. „Das ist, als würde man mit Kanonen auf Spatzen schießen“, sagte Stich unserer Zeitung.

 

Er plädiert dafür, dass Baden-Württemberg dem Beispiel nicht folgt. Und das, obwohl es bei der Klage Bayerns gegen Volkswagen um das Sondervermögen geht, welches das Land eingerichtet hat, um die Versorgungsaufwendungen seiner Beamten und Richter zu finanzieren. Wegen des Abgasskandals haben die VW-Aktien massiv an Wert verloren. Dadurch ist dem Pensionsfonds ein Schaden entstanden. Auch Baden-Württemberg hat solche Geldtöpfe und hält VW-Aktien. Darum erwägt das Land ebenfalls juristische Schritte.

„In der Niedrigzinsphase haben wir in den vergangenen Jahren den Aktienanteil in den Töpfen erhöht“, sagte Stich, der im Versorgungsbeirat in Baden-Württemberg sitzt und somit über die Anlagestrategie des Landes mitentscheidet.

Das Gremium besteht insgesamt aus acht Vertretern von Spitzenorganisationen der Beamten und Richter Baden-Württembergs sowie aus Vertretern der Landesverwaltung. Stich: „Jeder, der Geld in Aktien investiert, muss sich darüber im Klaren sein, dass er dabei auch verlieren kann.“

Stich hält die Klage Bayerns für unangemessen

Stich hält es für nicht angemessen, mit der Klage ein politisches Signal wegen der Verfehlungen des Autobauers auszusenden. „Es geht hier um ein deutsches Unternehmen und um Tausende von Arbeitsplätzen“, so Stich. „Während der Finanzkrise haben wir auf einen Schlag 30 Millionen Euro verloren“, ergänzte der Beamtenchef. Im Vergleich dazu sei der Schaden, der durch den Kursverlust der VW-Aktien entstanden ist, voraussichtlich überschaubar. Wie hoch der Verlust genau ist, kann das baden-württembergische Finanzministerium noch nicht sagen.

Zum Vergleich: Bayern hielt bei Bekanntwerden des Skandals im September 2015 rund 58 000 Vorzugsaktien und rechnet mit einem Schaden von 700 000 Euro. Baden-Württemberg war im gleichen Zeitraum im Besitz von 64 600 VW-Vorzugsaktien. Diese hatten zwischenzeitlich mehr als 40 Prozent ihres Wertes verloren.

Welchen Schaden das Land überhaupt geltend machen könnte, hängt jedoch auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Aktien gekauft worden sind. Anlegeranwälte gehen davon aus, dass Volkswagen seit dem 6. Juni 2008 seine Publizitätspflichten verletzt habe. Am besten gelagert sind im Hinblick auf etwaige Schadenersatzforderungen jedoch jene Aktionäre, die nach dem 18. September 2013 VW-Aktien gekauft haben.

Ein Fonds mit viert Prozent Rendite

Das Sondervermögen des Landes Baden-Württemberg lag am 30. Juni insgesamt bei 5,2 Milliarden Euro. Das Vermögen ist aufgeteilt in die Versorgungsrücklage und den Versorgungsfonds.

Jeder Beamte verzichtet bei Besoldungserhöhungen auf 0,2 Prozent der Erhöhung. Dieser Teil fließt in die Versorgungsrücklage. Die Rücklage wird von zwei Investmentgesellschaften verwaltet.

Der Versorgungsfonds dagegen ist bei der Bundesbank angelegt. Seit 2009 zahlt das Land für jeden neu eingestellten Beamten pro Jahr 6000 Euro in den Fonds ein. Nach Angaben von Beamtenchef Stich wirft das Sondervermögen insgesamt eine jährliche Rendite von rund vier Prozent ab.

Neben Baden-Württemberg prüft auch Hessen eine Klage gegen VW. Grund sind Verluste durch den Verkauf von VW-Aktien in Höhe von rund 3,9 Millionen Euro.