Das Landratsamt verschickt an gewalttätige Jugendliche Briefe mit einer gelben Karte, die eine Rote werden könnte. Im Wiederholungsfall gibt es keine Fahrerlaubnis.

Landkreis - Die Uhr zeigt fünf Minuten vor zwölf, eine stilisierte Hand deutet dies unmissverständlich an. Auf dem gelben Karton steht: „Führerschein in Gefahr“. Jugendliche und junge Erwachsene, die durch Aggressionsdelikte, durch Alkoholmissbrauch oder Drogenkonsum

 

aufgefallen sind, erhalten künftig vom Landratsamt Böblingen die gelbe Karte gezeigt. Im Wiederholungsfall kann daraus schnell auch eine rote Karte werden. Dann ist der Führerschein weg. „Oder es kann keine Fahrerlaubnis erteilt werden“, sagt Andreas Wiedmann, der Sozialdezernent in der Kreisbehörde. Die aufgefallenen jungen Menschen erhalten die Verwarnung mit einem Schreiben, das vor weiteren Auffälligkeiten warnt.

Bisher 400 Briefe an die Gewalttätigen

„Ziel dieser Aktion ist es, junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren auf mögliche Konsequenzen ihres Verhaltens hinzuweisen“, erklärt Jörg Lützenburger, der Präventionsbeauftragte des Landkreises. Nach dem Motto: „So, jetzt reicht es.“ Bisher schon waren auffällig gewordene Jugendliche von der Führerscheinstelle angeschrieben worden, allerdings ohne gelbe Karte. Im vergangenen Jahr erhielten 233 wegen Drogendelikten einen Brief, 91 wegen übermäßigem Alkoholkonsum und 74 wegen aggressiven Verhaltens, das bei einer Schlägerei oder einem Übergriff an den Tag gelegt worden war. „Die gelbe Karte soll nun den Jugendlichen ihre Situation optisch noch einmal verdeutlichen“, erklärt Lützenburger.

Seit dem Jahr 2008 gibt es die Verwarnungsaktion des Landratsamtes. Laut Wiedmann seien insgesamt 400 Schreiben an die Betroffenen versandt worden. Bei unter 18-Jährigen ging die Post an die Eltern. Wenn der Führerschein in Gefahr ist, sind die jungen Leute alarmiert“, meint Ralf Single, der Referent für Prävention bei der Polizeidirektion Böblingen. In einigen Fällen haben Jugendliche auch geantwortet, „und kundgetan, dass sie sich bessern wollen“, berichtet Wiedmann.

Rudi Denzer, der Leiter der Polizeidirektion Böblingen, beobachtet aber mit großer Sorge die Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Heranwachsenden. Oft sei Alkohol mit im Spiel. Die Polizei melde die Vorkommnisse der Führerscheinstelle, die eine Akte über den Betroffenen führe. Wird eine Fahrerlaubnis beantragt oder ist die aufgefallene Person bereits im Besitz einer solchen, prüft der zuständige Sachbearbeiter im Landratsamt den Fall, so Denzer. Die Polizei hofft, dass sich das Verfahren unter den jungen Menschen herumspricht. „Für jeden muss klar sein, dass wir ihn damit aus der Anonymität holen und ihn behördlich im Visier haben“, sagt Jörg Lützenburger.

Einmal bei einem Komasaufen erwischt zu werden oder jemandem einen Faustschlag zu versetzen, sei jedoch noch kein Grund, die gelbe Karte zu erhalten, erklärt Ralf Single. In einem Wiederholungsfall aber schon. Allerdings liege es im Ermessen des jeweiligen diensthabenden Polizisten, den Jugendlichen bei der Führerscheinstelle zu melden. Dort wird dann entschieden, ob der Betroffene zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) muss. Fällt diese für ihn negativ aus, bekommt er die Folgen zu spüren.

Der Entzug der Fahrerlaubnis oder das Führerscheinverbot werde jedoch nicht auf immer und ewig ausgesprochen. „Die Dauer hängt vom Einzelfall ab“, sagt der Leiter der Führerscheinstelle, Rudi Becker. Wenn nach einer bestimmten Frist eine weitere MPU positiv ausfällt, kann der Betroffene aufatmen. „Er bekommt dann eine zweite Chance“, sagt Lützenburger.