Der Vorwurf hat es in sich: Gutachter scheren sich einen Dreck um gute Böden, sagt der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft. Die Aktivisten können das einfach nicht fassen und fordern ein Gesetz. Sie warnen vor einem Teufelskreis.
Filder - Der Druck, neue Wohn- und Gewerbegebiete zu bauen und die damit verbundene Diskussion um die Versiegelung von Böden ruft die Schutzgemeinschaft Filder auf den Plan. Ihr Kampf um den Erhalt der guten Böden für die Landwirtschaft nimmt neue Fahrt auf.
Mit einer Informations- und Diskussionsveranstaltung sowie einer Unterschriftenkampagne wollen die Aktivisten auf aktuelle Planungen einwirken. „Wir haben es selber in der Hand“, sagt der emeritierte Professor für Ökologie, Willfried Nobel. Angesichts der Diskussion um den Flächennutzungsplan in Filderstadt fordert er einen erweiterten Schutz von sehr guten und guten Ackerböden.
Gesetz zum Bodenschutz gefordert
Bisher sei die Qualität der Böden leider nur ein Abwägungskriterium bei der Bauplanung. Nobel fordert das Land auf, ein Gesetz zu erlassen, das verhindert, dass solche Äcker versiegelt werden. Die Bodengüte müsse zu einem Ausschlusskriterium für das Bauen werden. Zur Unterstützung dieser Forderung sammelt die Schutzgemeinschaft Unterschriften. Weil Nobel als amtierender Regionalrat weiß, dass der Weg zum Gesetz lang sein kann, fordert er den Filderstädter Gemeinderat zum Handeln auf. In der Zwischenzeit soll er sich selbst die entsprechenden Grenzen setzen. „Die Flächen müssen vor einer weiteren Planung geschützt werden“, sagt der ehemalige Ökologie-Professor angesichts eines Filderstädter Flächennutzungsplan-Entwurfs, der eine Überbauung von 138 Hektar vorsieht. Nobel beklagt im Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft „das Primat der Ökonomie“: „Es braucht eine Wirtschaftsordnung, die die natürlichen Lebensgrundlagen für künftige Generationen sichert.“
„Der Boden ist was anderes als Beton“, fügt der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft, Steffen Siegel, bei einem Pressegespräch hinzu. „Den Boden kann man noch in hundert Jahren nutzen“, sagt er. Bei einem Gebäude wisse man das nicht. Siegel weist darauf hin, dass die Filder schon genug gelitten hätten. Er zählt den Bau der Autobahn und des Flughafens, dessen Stadtbahnverlängerung, den Messebau, Stuttgart 21 und die geplante Verbreiterung der Autobahn auf. Allein sie verbrauche weitere 60 Hektar Land.
Bei der Bebauung tue sich ein Teufelskreis auf
Für den Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft tut sich bei der Bebauung auf den Fildern ein Teufelskreis auf. Die Kommunen seien darauf bedacht, möglichst viele Firmen anzulocken, damit die Gewerbesteuer fließt. Dadurch brauche man wiederum mehr Wohngebäude für die Arbeitnehmer. Die Städte und Gemeinden müssten dann eine bessere Infrastruktur schaffen. Kindergärten, Schulen und Versorgungseinrichtungen seien gefragt. Um die Kosten abdecken zu können, werde wieder neues Gewerbe angesiedelt. In diesem Zusammenhang stellt Siegel den Gutachtern, die bei den Planungen eingebunden werden, ein schlechtes Zeugnis aus: „Sie scheren sich einen Dreck um die guten Böden.“
Auch durch die Verlängerung der S-Bahnstrecke nach Neuhausen, die eigentlich zu begrüßen sei, werde der Flächenfraß befördert. „Entlang der Strecke sollen möglichst viele Wohngebäude entstehen, damit die S-Bahn wirtschaftlich betrieben werden kann.“
Diskussion und Information:
Mit einer Veranstaltung will die Schutzgemeinschaft Filder am Freitag, 29. Juni, auf ihre Aktion „Beste Böden bewahren“ hinweisen. Die Versammlung beginnt um 19 Uhr im Bürgerzentrum Bernhausen, Hauptstraße 2. Es gibt folgende Vorträge: 1) „Filderschutz konkret – die besten Böden auf den Fildern nicht überbauen“ (Referent: Professor für Ökologie, Willfried Nobel). 2) „Die Lage der Landwirtschaft auf den Fildern – Zwischen Flächennutzungsplänen, Straßenbau, Ökonomie und Ökologie“ (Referent: Ehemaliger Obmann der Bauern im Kreis und Stadtrat von L.-E., Walter Vohl). 3) „Bodenschutz – notwendig zum Erhalt der Artenvielfalt“ (Referentin: BUND-Vorsitzende Baden-Württemberg, Brigitte Dahlbender). 4) „Der Wachstum-Mechanismus von Kommunen ist kein Modell für die Zukunft“ (Referent: Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder, Steffen Siegel).