Die heimische Schwarzpappel war im Rems-Murr-Kreis fast ausgerottet, denn sie braucht möglicht natürliche Flussläufe für ihre Vermehrung. Nun wird der Baum wieder mehr gepflanzt – zuletzt in Berglen.

Berglen - Dreißig Meter hoch, der Stamm mehrere Meter dick: die heimische Schwarzpappel ist ein beeindruckender Baum. Doch Größe schützt bekanntlich nicht vor Ausrottung, das beweisen mehrere Beispiele aus der Erdgeschichte. Und so war die Neckarschwarzpappel vor einigen Jahren im Rems-Murr-Kreis nahezu ausgestorben. Gerade einmal zwei Exemplare habe man damals bei der Suche im gesamten Landkreis noch gefunden, erzählt Bruno Lorinser, der Sprecher des Landesnaturschutzverbands (LNV) Rems-Murr: „Ein Exemplar im Naturschutzgebiet Unteres Remstal, ein weiteres in Remshalden-Buoch.“

 

Ein Abkömmling dieses Buocher Baums ist nun in Berglen, zwischen Rettersburg und Öschelbronn, gepflanzt worden. Er ist Teil einer Rettungsaktion, welche den Bestand der Neckarschwarzpappel im Landkreis wieder vergrößern soll. Denn der Baum ist nicht nur schön anzusehen, sondern, so sagt Bruno Lorinser, „ein eigenes Biotop“, das Brutplätze für Vögel und ein Zuhause für viele Insekten biete. Der Standort am Ufer des Fronwiesenbachs dürfte dem gesetzten Bäumchen recht gut gefallen, denn die heimsche Pappel wächst an Flussläufen.

Die Flüsse „ins Koma gelegt“

Letztere sehen heutzutage jedoch völlig anders aus als noch vor hundert Jahren oder mehr. Im Zuge von Begradigungen habe man „die Flüsse ins Koma gelegt“, beklagt Bruno Lorinser. Gerade die Neckarschwarzpappeln aber benötigten für ihre Fortpflanzung lebendige Gewässer – also Flüsse, die nicht an Kanäle erinnern, sondern die mäandern dürfen, die auch flache Zonen und Sandbänke haben. „Der Same der Neckarschwarzpappel keimt auf Sand- und Kiesbänken. Wo es diese nicht gibt, hat die Schwarzpappel keine Lebensmöglichkeit mehr.“ Obendrein hätten aus den USA importierte, schneller wachsende Pappeln und Kreuzungen den heimischen Arten Konkurrenz gemacht: Pappelholz war begehrt als Rohstoff für Zündhölzer.

„Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Schwarzpappel nach und nach verschwunden“, sagt Bruno Lorinser über den Baum, der bestenfalls 100 bis 150 Jahre alt wird. Vor einigen Jahren ist Lorinser mit anderen Artenschützern Kilometer für Kilometer den Neckar und dessen Zuläufe, dazu gehören Rems, Murr, Kocher und Jagst, abgelaufen und hat insgesamt noch rund 150 dieser Schwarzpappeln gefunden.

Noch 35 Erbgut-Typen wurden gefunden

Von diesen letzten ihrer Art wurden Triebe mitgenommen – nicht immer eine leichte Aufgabe angesichts der vielen Meter hohen Bäume. Die Triebe wurden dann gentechnisch analysiert. Der Energieversorger EnBw stellte ein etwa zwei Hektar großes Grundstück in Lauffen am Neckar zur Verfügung, auf dem inzwischen alle 35 Erbgut-Typen der im Einzugsgebiet des Neckars noch vorhandenen Wildformen der Schwarzpappel wachsen. Diese werden vermehrt und ausgepflanzt, zuletzt in Berglen. Einige Exemplare wachsen auch an der im Zuge der Gartenschau renaturierten Rems zwischen Winterbach und Remshalden. Eine große Zahl von Pflanzungen an der Murr geht auf das Konto von Anglern. Denn Vlado Pajurin, der Bezirksreferent für Angelfischerei im Landesfischereiverband, sagt: „Angeln ist nicht nur Fische fangen, sondern heißt auch, sich um die Natur zu kümmern.“ Schwarzpappeln seien schöne Bäume, die als gute Schattenspender dazu beitrügen, die Wassertemperatur zu senken – was dem Fluss, seinen Bewohnern und letztlich auch den Anglern zugute komme.